Klimawandel erfordert höhere Deichlinien

Umweltsenator: „Hochwasserschutz ist eine Daueraufgabe“ – 103 Kilometer Hochwasserschutzlinie werden um mindestens 80 Zentimeter erhöht

Der Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) hat im Auftrag der Behörde für Umwelt und Energie den ersten Deichabschnitt aus dem aktuellen Bauprogramm Hochwasserschutz fertiggestellt. Auf der Veddel wurde zwischen der Freihafen-Elbbrücke und der Neuen Elbbrücke der Hauptdeich auf einer Längevon 200 Metern erhöht. Umweltsenator Jens Kerstan verschaffte sich heute vor Ort einen Eindruck.

Das aktuelle Bauprogramm Hochwasserschutz ist auf voraussichtlich 20 Jahre angelegt und mit 550 Millionen Euro Kosten veranschlagt. Nach Abschluss aller Maßnahmen werden 78 Kilometer Deiche und 25 Kilometer Hochwasserschutzwände durch eine durchschnittliche Erhöhung um 80 Zentimeter auch langfristig einen sicheren Schutz vor Sturmfluten bieten.

Umweltsenator Jens Kerstan: „Die kommenden Deicherhöhungen sind für die Hochwassersicherheit Hamburgs von besonderer Bedeutung, da ansonsten im Falle einer sehr schweren Sturmflut etwa die Hälfte der Stadtfläche unter Wasser stünde. Etwa 325.000 Menschen leben in Hamburg in sturmflutgefährdeten Bereichen und werden durch die Hauptdeichlinie geschützt. Die Hauptdeichlinie wurde seit der Sturmflutkatastrophe von 1962 bis heute um rund 2,50 Meter erhöht. Die von Sturmfluten ausgehende Gefahr ist für Hamburg dank des guten Hochwasserschutzes sehr gering. Damit das – auch im Hinblick auf den Klimawandel und den steigenden Meeresspiegel – so bleibt, ist Hochwasserschutz in Hamburg eine Daueraufgabe mit durchgehend hoher Priorität.“

LSBG-Geschäftsführer Stefan Klotz: „Ende Oktober hatten wir eine Sturmflut, die der öffentliche Hochwasserschutz sehr gut abgewehrt hat. Damit diese Sicherheit Hamburgs auch unter dem Eindruck des Klimawandels gewährleistet werden kann, bildet die Maßnahme auf der Veddel den Startschuss. Diese Deicherhöhung wurde zeitgerecht und kostenstabil mit den veranschlagten Gesamtkosten in Höhe von 2,3 Millionen Euro fertiggestellt.“

Für die Erhöhung des Deiches auf der Veddel wurde Kleiboden auf den bestehenden Deichkörper aufgetragen. Die Deichbasis wurde dabei zur Binnenseite verbreitert. Die Sollhöhe des Deiches ist von NHN +7,85 m auf NHN +8,70m gestiegen. Die Außenböschung und auch die Deichkrone sind in diesem Deichabschnitt mit Deckwerk befestigt worden. Dies ist wegen der teilweise intensiven Nutzung des Deiches erforderlich. Nach der Begrünung wird dieses Deckwerk optisch kaum wahrnehmbar sein und wie ein klassischer grüner Deich aussehen. In diese Deckwerkbefestigung wurden mehrere attraktive Sitzbänke mit Blick auf die Elbe eingebaut. Außerdem hat der LSBG die vorhandenen öffentlichen Rad- und Fußwege im östlichen Deichbereich neu hergestellt.

Priorität hat die Erhöhung der Deiche in Wilhelmsburg und Veddel. Kommendes Jahr werden der Klütjenfelder Hauptdeich und Veddel Nord erhöht. 2019 fogt der Haulander Hauptdeich in Wilhelmsburg und 2020 der Harburger Hauptdeich (Ost) sowie Reiherstieg, Buschwerder Hauptdeich und Harburger Hauptdeich (West).

Hintergrund: Wie bemisst sich eigentlich die notwendige Höhe der Hochwasserschutzanlagen?

Der wichtigste Wert bei der Festlegung der Höhe eines Deiches oder einer anderen Hochwasserschutzanlage ist der sogenannte Bemessungswasserstand. Er ergibt sich aus der astronomischen Tide, dem Aufstau aus dem maßgebenden Windereignis in der Nordsee, der Überlagerung mit einer Fernwelle aus dem Atlantik, einem Klimazuschlag und dem Oberwasserabfluss der Elbe. Der Bemessungswasserstand in der Tidelbe wird in Zusammenarbeit mit den Nachbarländern Schleswig-Holstein und Niedersachsen regelmäßig überprüft.

Um die Sollhöhe eines konkreten Bauwerkes festzulegen, wird eine Freibordermittlung durchgeführt. Die Freibordhöhe berücksichtigt unter anderem den entstehenden lokalen Windstau und den Wellenauflauf am Bauwerk. Die Sollhöhe einer Hochwasserschutzanlage ergibt sich aus dem Bemessungswasserstand plus der Freibordhöhe. 2012 hat der Senat beschlossen, die Hochwasserschutzbauwerke in Hamburg derzeit für den Betrachtungshorizont 2050 zu bemessen, da die Klimaprognosen für den anschließenden Zeitraum nach wie vor mit großen Unsicherheiten behaftet sind.

Ausbau der Hochwasserschutzanlagen (nicht preisbereinigt)
Zeitraum Maßnahmen Kosten
1962 bis 1979 Öffentlicher Hochwasserschutz: größtenteils Neu- 780 Millionen DM
bau; Anhebung des Bemessungswasserstandes von
NN + 5,70 m auf NN + 6,70 m am Pegel St. Pauli
1976 bis Ende der Privater Hochwasserschutz: Errichtung von Poldern 850 Millionen DM
1980er Jahre im Hafengebiet, Flächenerhöhungen
Seit 1993 Öffentlicher Hochwasserschutz ca. 720 Millionen €