„Unser Afrika“ – Zum visuellen Erbe des deutschen Kolonialismus

Ausstellung zum visuellen Erbe des deutschen Kolonialismus eröffnet im Rathaus Hamburg

Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank eröffnete heute die Ausstellung des renommierten deutschen und amerikanischen Künstlers Marc Erwin Babej. Die Fotoausstellung wird vom 18. Juni bis zum 13. Juli in der Diele des Hamburger Rathauses gezeigt.

Katharina Fegebank, Zweite Bürgermeisterin und Senatorin für Forschung, Wissenschaft und Gleichstellung: „Hamburg trägt bei der Aufarbeitung der Kolonialgeschichte eine besondere Verantwortung. Denn unsere Stadt war als Hafen- und Handelsmetropole auch das Tor zur kolonialen Welt. Mit der Ausstellung „Unser Afrika“ in der Rathausdiele wollen wir einen weiteren Beitrag zur dringend notwendigen Aufarbeitung unserer Vergangenheit leisten und dabei den Blick auf unsere gemeinsame Zukunft in einer globalisierten Welt richten.“

Marc Erwin Babej, Fotokünstler: „Eines meiner Hauptziele für Unser Afrika war, mehr Aufmerksamkeit auf das politisch und gesellschaftlich vernachlässigte Thema der deutschen Kolonialgeschichte, und insbesondere den Völkermord an den Herero und Nama, zu lenken. Die Arbeit setzt sich, entgegen dem Konsens künstlerischer Bearbeitungen des Kolonialismus, konsequent mit der Gedankenwelt der Täter auseinander. Besonders im Kolonialismus ist dies von vorrangiger Bedeutung — denn es handelt sich um einen Konflikt, der nicht auf eine angebliche Vorgeschichte, sondern ganz unzweideutig auf die Intentionen und Provokationen einer Seite zurückzuführen ist. Die Ausstellung verfolgt das Ziel, neue Akzente für die politische Kunst zu setzen, in der nicht der Protest eines Künstlers im Mittelpunkt steht — sondern eine fundierte inhaltliche Auseinandersetzung.“

Prof. Dr. Jürgen Zimmerer, Leiter der Forschungsstelle Hamburgs (post-)koloniales Erbe der Universität Hamburg: „Das koloniale ‚Erbe‘ besteht nicht nur aus materiellen Objekten, aus Denkmälern oder Gebäuden, sondern auch aus Bildern, Filmen, kurz aus (visuellen) Vorstellungswelten. Es ist Anliegen der Forschungsstelle ‚Hamburgs (post-)koloniales Erbe‘ diese zu dekonstruieren. „Unser Afrika“ bietet hier eine wichtige Ergänzung. Es spielt mit diesen Seherwartungen und bricht sie durch Perspektivumkehr. Das provoziert, regt zum Nachdenken darüber an, welche kolonialen und rassistischen Bilder wir immer noch im Kopf haben, und wie dies zu überwinden ist. Auch thematisch ergänzt es unsere Projekte zum Genozid an den Herero und Nama. Seit Jahresbeginn sind drei namibische Artists in Residence in unserem Projekt „Visual History of Genocide“ bei uns in der Forschungsstelle.“

Zum Hintergrund: „Unser Afrika“ ist eine künstlerische Auseinandersetzung mit dem Kolonialismus am Beispiel “Deutsch-Südwestafrika“. Während künstlerische Arbeiten zum Thema bisher zumeist die Opfer thematisierten, beleuchten diese Fotoarbeiten die Weltanschauung der Täter und somit Ursachen von Kolonialismus und Genozid: Eine eng mit der Romantik verknüpfte, von rassistischem „Überlegenheitsanspruch“ durchdrungene Ideenwelt, — in welcher die „Utopie“ einer „weißen Gesellschaft“ im „Freiraum“ Afrika jedes Mittel, auch Massen- und Völkermord, rechtfertigte. Babejs provokatives Werk evoziert und kritisiert diese Ästhetik in einem Zuge. Das suggestive Nebeneinander von Schönheit und Gewalt, stellt diese „Utopie“ vordergründig so dar, wie sie damals beworben wurde, um sie zugleich durch Verfremdung zu brechen. Die Arbeit des Fotokünstlers besteht aus vier Episoden mit 27 Bildern.

Die Freie und Hansestadt Hamburg hat sich mit einem Senatsbeschluss vom Juli 2014 die Aufarbeitung und kritische Reflektion der kolonialen Geschichte der Hansestadt zur Aufgabe gemacht. Die Forschungsstelle „Hamburgs (post-)koloniales Erbe/Hamburg und die (frühe) Globalisierung“ leistet wissenschaftliche Grundlagenarbeit. Sie ist derzeit auch Gastgeberin für ein deutsch-namibisches Kunst- und Forschungsprojekt „The Visual History of Genocide“, das drei namibische Artist in Residence nach Hamburg holte. In diesem Kontext fördert sie auch „Unser Afrika“.

Weiterhin möchten wir auf folgenden Termin hinweisen:

Am Dienstag, den 19. Juni, um 15.30 Uhr führen Marc Erwin Babej und Prof. Dr. Jürgen Zimmerer durch die Ausstellung in der Rathausdiele.

Im Anschluss um 17:00 Uhr lädt die Forschungsstelle zur Diskussion über „Unser Afrika“ in das Bucerius Kunstforum, Rathausmarkt 2. Unter dem Titel „Re-Viewing Colonialism. Art and History“ https://www.kolonialismus.uni-hamburg.de/termin-re-viewing-colonialism-art-and-history-am-19-6-2018-im-bucerius-kunst-forum/ (in englischer Sprache) diskutieren Marc Erwin Babej, Vitjitua Ndjiharine (Namibian Artist in Residence) an der Forschungsstelle „Hamburgs (post-)koloniales Erbe“ und Prof. Jürgen Zimmerer über die Möglichkeiten von Kunst und Wissenschaft zur Aufarbeitung des Kolonialismus beizutragen und die Notwendigkeit, koloniale Sehgewohnheiten offenzulegen und zu brechen. Die zweite Bürgermeisterin Fegebank wird ein Grußwort sprechen. Der Eintritt zu beiden Veranstaltungen ist frei.

Die Rathausdiele ist in der Regel von 8.00 bis 19.00 Uhr zugänglich. Der Besuch der Ausstellung ist kostenlos.

Mehr dazu: http://www.hamburg.de/pressearchiv-fhh/11228184/2018-06-18-ausstellung-unser-afrika/

Bildnachweis: Marc Erwin Babej