VENRO Titel

VENRO zur Überarbeitung der deutschen #Nachhaltigkeitsstrategie

VENRO zur Überarbeitung der deutschen mit neuen Managementregeln und neuen Indikatoren. Unsere Einschätzung lesen Sie in der VENRO-Stellungnahme hier: http://venro.org/publikationen/?pubID=384#

  1. Die globale und soziale Dimension von Nachhaltigkeit stärken

Aus der Sicht von VENRO sollten – mit Blick auf die globalen Auswirkungen deutschen Handelns – deutlich ambitioniertere Ziele in die Nachhaltigkeitsstrategie aufgenommen werden. Die Bundesregierung sollte die gesamte Politik auf die Erreichung der Agenda 2030 ausrichten und aufzeigen, wie sie dies in den unterschiedlichen Politikbereichen kohärent gestaltet. Sie muss noch viel deutlicher machen, wie sie konkret zur Erreichung der Agenda 2030 und des Pariser Klimaabkommens beitragen will. Dies gilt vor allem für die Politikbereiche, die bislang insbesondere die ärmsten Länder in ihrer Entwicklungen behindert haben: die wachstums- und exportorientierte Wirtschaftspolitik sowie die Agrar- und Handelspolitik. Die Auswirkungen deutscher Politik auf die ärmsten Länder müssen zudem besser über geeignete Indikatoren erfasst werden.

 

Darüber hinaus sollte die Bundesregierung die soziale Dimension ihrer Politik in ihrer Strategie weiter stärken. Mit den Zielen und anhand der Indikatoren muss sie zeigen, wie sie ihren Beitrag dazu leistet, dass die ärmsten und die am stärksten benachteiligten Bevölkerungsgruppen bei uns und weltweit zuerst und überproportional von Maßnahmen profitieren, die der nachhaltigen Entwicklung dienen sollen. Das Grundprinzip „niemanden zurücklassen“ sowie dessen Ergänzung, nämlich „die zuerst zu erreichen, die am weitesten zurückliegen“ („reach the furthest behind first“), sollte dabei handlungsleitend sein.

 

VENRO fordert die Bundesregierung deshalb auf,

  •  die globalen Auswirkungen deutscher Politik auf die nachhaltige Entwicklung, insbesondere in den ärmsten Ländern, stärker in der Strategie zu berücksichtigen und konkrete neue Ansätze dazu zu erarbeiten, wie die Nachhaltigen Entwicklungsziele (SDG) in der internationalen Zusammenarbeit konsequent erreicht werden sollen,
  •  das Grundprinzip der Agenda 2030 – „niemanden zurücklassen“ – in all seinen Facetten zur Grundlage für alle Ziele und alle Indikatoren der DNS zu machen, um die soziale Dimension von Nachhaltigkeit deutlich zu stärken. Dabei sollte bei allen Maßnahmen gelten, „diejenigen zuerst zu erreichen, die am weitesten zurückliegen“. Hierfür ist ein kohärenter ressortübergreifender Umsetzungsplan

 

 

  1. Die institutionelle Nachhaltigkeitsarchitektur ausbauen

Der Staatssekretärsausschuss für nachhaltige Entwicklung (StnE) ist das zentrale Steuerungsgremium der Bundesregierung für die Verwirklichung der Ziele der Agenda 2030 und des Pariser Klimaabkommens sowie zur Umsetzung der DNS. Seine Entscheidungen sollen von den einzelnen Ressorts umgesetzt werden. Aus der Perspektive von VENRO entfalten die Entscheidungen des StnE bislang zu wenig Wirkung in den Häusern. Hier betrachten wir eine Stärkung der Durchsetzungskraft als absolut zentral.

Wir begrüßen die transparente vorläufige Themensetzung der StnE-Sitzungen bis Ende 2019. Allerdings sind hierfür außerdem die frühzeitige und öffentliche Festlegung regelmäßiger Sitzungen, ein starker Maßnahmenplan (wie auch im Internationalen Peer Review der DNS gefordert) und eine klarere Ausrichtung der Themenwahl an laufenden SDG-Prozessen notwendig. Der StnE sollte sich auch eingehend mit den Fortschritten bei der globalen Erreichung der Ziele der Agenda 2030 befassen, insbesondere mit Blick auf die Schaffung globaler Gerechtigkeit und der Teilhabe aller, wie sie im Hochrangigen Politischen Forum (HLPF) der Vereinten Nationen

(UN) jährlich überprüft  werden.

Wir begrüßen die Einsetzung der Ressort-Koordinator_innen, die schon im vergangenen Jahr erfolgt ist. Durch den langwierigen Regierungsbildungsprozess konnten die Ressort-Koordinator_innen bislang ihre Aufgabe nur bedingt erfüllen. Ihre personellen und finanziellen Ressourcen sollten verbessert werden, wenn sie tatsächlich für ihre jeweiligen Ressorts kohärentes nachhaltiges Handeln koordinieren sollen. Wir begrüßen auch die im Jahr 2016 schon angekündigte Einrichtung einer Dialoggruppe beim StnE, deren Mitglieder an den Ressortgesprächen zur Vorbereitung der Sitzungen des StnE teilnehmen können.

 

VENRO fordert die Bundesregierung auf,

  •  die Durchsetzungskraft des StnE gegenüber den Ressorts zu stärken, indem alle Ressorts konkrete und terminierte Umsetzungspläne mit konkreten Meilensteinen für die DNS und die Agenda 2030 formulieren, umsetzen und deren Umsetzungsfortschritte jährlich an den StnE zurückmelden müssen,
  •  die Ressort-Koordinator_innen durch die Zuweisung von finanziellen und personellen Ressourcen in der Erfüllung ihrer Aufgaben zu stärken.

 

 

  1. Das Thema Nachhaltige Entwicklung in Bundestag stärken

Der Deutsche Bundestag und insbesondere der Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung (PBnE) müssen mit Blick auf die Erreichung der Agenda 2030, des Pariser Klimaabkommens und der DNS deutlich gestärkt werden. Diese Rahmendokumente sollten regelmäßig Thema in Ausschüssen und Plenardebatten sein. Der Deutsche Bundestag muss sich auch deutlich intensiver mit Aspekten der nachhaltigen Entwicklung und ihrer Kohärenz in der Gesetzgebung befassen. Deshalb ist die Kompetenz des PBnE deutlich zu stärken.

 

VENRO fordert den Deutschen Bundestag auf,

  •  die Fortschrittsberichte (Indikatorenberichte) zur DNS im Plenum des Deutschen Bundestags zu diskutieren,
  •  den PBnE zu einem ständigen parlamentarischen Gremium aufzuwerten und
  •  den PBnE zu ermächtigen, eine materielle Gesetzesüberprüfung mit Blick auf die Nachhaltigkeitswirkung der Gesetzgebung durchzuführen („Nachhaltigkeits-TÜV“), und ihn mit den hierfür notwendigen Ressourcen auszustatten.

 

 

  

  1. Partizipation der Zivilgesellschaft umfassend ermöglichen

Wir begrüßen die Einrichtung der Dialoggruppe beim Staatssekretärsausschuss für nachhaltige Entwicklung. Damit wird die Beteiligung der Zivilgesellschaft an der nachhaltigen Ausrichtung der Regierungspolitik gestärkt. Auch das jährliche Forum Nachhaltigkeit trägt zu einer solchen Einbindung bei. Die Partizipation bei Konsultationen, wie zur Ergänzung der DNS, ist aber noch deutlich zu verbessern – unter anderem durch längerfristige Einladungen und angemessene Beteiligungsfristen, die Einbindung bei der Vorbereitung zum Forum Nachhaltigkeit und durch eine transparente Information über Tagesordnungen und über die Personen, die an Dialogforen teilnehmen. Die zivilgesellschaftliche Partizipation sollte auch umfassend Kinder und Jugendliche als Teil der Zivilgesellschaft einbeziehen. Immerhin betreffen alle Entscheidungen, die mit der DNS getroffen werden, auch und insbesondere ihre Belange als zukünftige Generation.

 

VENRO fordert die Bundesregierung auf,

  •  die Auswahl und die Dauer der Benennung der Organisationen, die zum Forum Nachhaltigkeit und zur Dialoggruppe eingeladen werden, repräsentativ zu gestalten, transparent zu machen und zu kommunizieren,
  •  den Zugang zu relevanten Dokumenten, die für die Vorbereitung der Sitzungen wichtig sind, inklusive Hintergrunddokumenten rechtzeitig zu ermöglichen,
  •  im Anschluss an das Forum Nachhaltigkeit und an die Konsultationen mit der Dialoggruppe Ergebnisprotokolle für die Allgemeinheit zugänglich zu machen.

 

 

  1. Globale Verantwortung in den „Regeln für eine nachhaltige Entwicklung“ stärken

Die Arbeitsgruppe des Staatssekretärsausschusses für nachhaltige Entwicklung (UAL-AG) hat einen Vorschlag für die Managementregeln unterbreitet. Wir begrüßen, dass die Regeln übersichtlicher in sechs Abschnitte gegliedert worden sind. Die neue Gliederung erhöht die Übersichtlichkeit mit Blick auf die Schwerpunkte der Bundesregierung. Leider sind bei der Neustrukturierung einige für VENRO wichtige Punkte gegenüber der DNS 2016 weggefallen. Die Verantwortung deutscher Politik im Sinne sowohl des Grundsatzes „niemanden zurücklassen“ der Agenda 2030 als auch der umfassenden Verwirklichung der Menschenrechte sowie sozialer, politischer und wirtschaftlicher Teilhabe und der Generationengerechtigkeit muss wesentlich deutlicher – als dies durch die UAL-AG geschehen – herausgestellt werden. Auch sollte sich in den Regeln für eine nachhaltige Entwicklung der transformative Ansatz der Agenda 2030 klar widerspiegeln. Politische Maßnahmen sollten an ihrem Beitrag zum konsequenten Wandel der auf Wachstum angelegten Wirtschaftsweise hin zu mehr Effizienz und Suffizienz gemessen werden.

Schließlich bleibt die UAL-AG in ihrem Vorschlag vage, wie die Politikkohärenz für nachhaltige Entwicklung erreicht werden soll, wenn in den Managementregeln nur bedingt die Dimensionen nachhaltiger Entwicklung zusammengedacht werden. Der Vorschlag der UAL-AG bedarf deshalb einiger Verbesserungen, wenn die deutsche Politik positive Auswirkungen auf die Lebensbedingungen der Menschen, insbesondere in den ärmsten Ländern, und den Schutz ihrer grundlegenden Rechte haben soll. Deshalb ist es umso bedauerlicher, dass keine Regel zu kohärenter Politikgestaltung aufgenommen wurde.

 

  1. Mehr und bessere Indikatoren zur Erfassung der globalen Auswirkungen deutscher Politik

VENRO begrüßt, dass die Bundesregierung vorschlägt, neue Indikatoren in die DNS aufzunehmen, die zumindest einige Auswirkungen deutschen Handelns in anderen Ländern und auf die globalen Gemeingüter erfassen. Viele der bisherigen Indikatoren und vier der jetzt von der Bundesregierung neu vorgeschlagenen Indikatoren bilden weiterhin zu wenig die  internationale Verantwortung Deutschlands ab. Bei der Überarbeitung der DNS im Jahr 2020 muss die Bundesregierung deshalb die bestehenden Indikatoren entsprechend verbessern bzw. mehr internationale Indikatoren in die Strategie aufnehmen. VENRO wird sich an der Erarbeitung solcher internationaler Indikatoren aktiv beteiligen und auch eigene Vorschläge unterbreiten. Wir freuen uns auf einen konstruktiven Austausch hierzu mit der Bundesregierung.

Darüber hinaus sollte die Bundesregierung mit der Überarbeitung der DNS im Jahr 2020 alle Unterziele der Agenda 2030 aufgreifen. Die Bundesregierung hat sich verbindlich verpflichtet, die Ziele der Agenda 2030 umfänglich zu erreichen. Dies sollte sich in der DNS als einer zentralen Umsetzungsstrategie der Agenda 2030 widerspiegeln.

Wenn alle Indikatoren der DNS und der Agenda 2030 nachgehalten werden sollen und wenn – wie in der Agenda 2030 festgeschrieben – das Monitoring der SDG-Umsetzung evidenzbasiert und auf Grundlage aufgeschlüsselter Daten erfolgen soll, dann muss das Statistische Bundesamt mit zusätzlichen personellen und finanziellen Ressourcen ausgestattet werden. Für das evidenzbasierte Monitoring anhand aufgeschlüsselter Daten muss die Bundesregierung ohne weitere Verzögerung eine menschenrechtskonforme Festlegung formulieren, welche Datenaufschlüsselungen pro nationalem Indikator notwendig sind.

 

VENRO fordert die Bundesregierung auf,

  •  die Stärkung des Statistischen Bundesamts und der Fachbehörden durch Effizienzgewinne oder den Ausbau der Ressourcen sicherzustellen,

 

  •  eine menschenrechtskonforme Festlegung der Datenaufschlüsselung unverzüglich zu formulieren und anzugeben, welche Datenaufschlüsselungen pro nationalem Indikator notwendig sind.

 

 

  1. Ergänzungen von VENRO zu den Vorschlägen für die „Regeln nachhaltiger Entwicklung“ sowie den Indikatoren zum deutschen Beitrag zur Beendigung des Hungers weltweit und zu Bildung für nachhaltige Entwicklung

 

Es folgt der Vorschlag der UAL-AG mit unseren Ergänzungs- und Änderungsvorschlägen in gelb markiert: 

 

(1.) Nachhaltige Entwicklung als Leitprinzip konsequent in allen Bereichen und bei allen Entscheidungen anwenden

 

  1. a) Übergreifendes Ziel und Maßstab des Handelns ist es, die natürlichen Lebensgrundlagen der Erde dauerhaft zu sichern, die Menschenrechte, insbesondere die Kinderrechte im Sinne der Generationengerechtigkeit, allumfassend zu verwirklichen und allen Menschen ein Leben in Würde zu ermöglichen sowie niemanden zurückzulassen („leave no one behind“). Hierfür sind bei allen Entscheidungen wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen, sozialer Zusammenhalt, gleichberechtigte soziale, wirtschaftliche und politische Teilhabe unter Berücksichtigung systemischer Wechselwirkungen sowie technologischer und gesellschaftlicher Innovationen so zusammenzudenken, dass Entwicklungen heute wie in der Zukunft auch in globaler Betrachtung dauerhaft tragfähig sind. Alle Entscheidungen müssen dazu beitragen, dass die Menschenrechte allumfassend verwirklicht werden und dass Generationengerechtigkeit erreicht wird. Auch müssen die Auswirkungen des deutschen Handelns und die dadurch verursachten Lasten in anderen Teilen der Welt berücksichtigt und entsprechend internationale Verantwortung übernommen werden.

 

  1. b) Die gemeinsame Verantwortung für eine nachhaltige Entwicklung erfordert, die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bereiche und politischen Akteure in politische Entscheidungsprozesse angemessen mit einzubeziehen.

 

  1. c) Damit nachhaltige Entwicklung konsequent in allen Bereichen und bei allen Entscheidungen erreicht werden kann, müssen die soziale, die ökologische und die ökonomische Dimension zusammengedacht und angemessen berücksichtigt werden. Politisches Handeln muss kohärent

sein.

 

  1. d) Neue Formen der Partnerschaft zur Förderung von nachhaltiger Entwicklung weltweit sind nach dem Prinzip „niemanden zurücklassen“ und damit im Sinne einer besonderen Solidarität mit den ärmsten Ländern und den am stärksten benachteiligten Bevölkerungsgruppen auf- und umzusetzen.

 

(2.) Global Verantwortung wahrnehmen

 

  1. a) Im Einklang mit der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen und dem Pariser Klimaabkommen als Grundlage für Entscheidungen sind auf globaler Ebene
  •  die Bekämpfung von Armut, Hunger und zu großer sozialer Ungleichheit und Ausgrenzung,
  •  die Achtung und Gewährleistung der Menschenrechte sowie die Umsetzung der Menschenrechtskonventionen,
  •  die umfassende Teilhabe aller, insbesondere bislang marginalisierter Bevölkerungsgruppen, an wirtschaftlicher, politischer und sozialer Entwicklung,
  •  der Schutz der Umwelt einschließlich der Einhaltung der Grenzen der ökologischen Belastbarkeit im regionalen und globalen Rahmen,
  •  das Ziel, dass alle Menschen in allen Ländern ein menschenwürdiges Leben nach ihren eigenen Vorstellungen im Einklang mit ihrer regionalen Umwelt führen und an den wirtschaftlichen Entwicklungen teilhaben können,
  •  sowie rechtsstaatliches und verantwortungsvolles Regierungshandeln zu verknüpfen.

 

 

  1. b) Das Handeln in, durch und mit Deutschland soll die nachhaltige Entwicklung in anderen Ländern berücksichtigen und fördern. Unser Handeln in Deutschland darf soll möglichst nicht zu Belastungen für die Menschen und die Umwelt in anderen Ländern führen.

 

(3.) Natürliche Lebensgrundlagen erhalten

 

  1. a) Zur Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und zur Einhaltung der planetaren Belastungsgrenzen müssen lokale, nationale und globale Stoffkreisläufe so schnell wie möglich geschlossen bzw. in Einklang mit ökosystemischen Prozessen und Funktionen gebracht werden. Hierfür
  •  dürfen erneuerbare Naturgüter (wie z. B. Wälder oder Fischbestände) und Böden nur im

 

  • Rahmen ihrer Regenerationsfähigkeit genutzt sowie ihre weiteren ökologischen Funktionen nicht beeinträchtigt werden;
  •  sind nicht-erneuerbare Naturgüter (wie z. B. mineralische Rohstoffe oder fossile Energieträger) so sparsam wie möglich zu nutzen. Erneuerbare Ressourcen, andere Materialien oder andere Energieträger sollen die Nutzung nicht-erneuerbarer Ressourcen ersetzen, soweit dies die Umweltbelastung mindert und die Nutzung auch ansonsten nachhaltig ist;
  •  darf die Freisetzung von Stoffen auf Dauer nur im Rahmen der ökologischen Grenzen der Tragfähigkeit natürlicher Systeme (Reaktionsvermögen der Umwelt) erfolgen.

 

 

  1. b) Gefahren und unvertretbare Risiken für die menschliche Gesundheit und die Natur sind zu vermeiden.

 

(4.) Nachhaltiges Wirtschaften stärken

 

  1. a) Der notwendige Strukturwandel für globales nachhaltiges Konsumieren und Produzieren und die dafür nutzbar zu machenden technischen Modernisierungen sollen wirtschaftlich erfolgreich sowie ökologisch und sozial tragfähig sowie generationengerecht gestaltet werden. Dieser Wandel erfordert die grundsätzliche Ausrichtung gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Handelns an Effizienz und Suffizienz. Dabei spielen die Schaffung von Wissen durch Forschung und Entwicklung für die nachhaltige Entwicklung sowie die Weitergabe des Wissens durch spezifische Bildungsmaßnahmen eine entscheidende Rolle. Wenn durch freiwillige Selbstverpflichtungen zur Nachhaltigkeit und zum Schutz der Menschenrechte in Wirtschaft und auf den Finanzmärkten die Ziele nachhaltiger Entwicklung nicht erreicht werden, müssen in Real- und Finanzwirtschaft entsprechende ordnungspolitische Maßnahmen ergriffen werden.

 

  1. b) Energie- und Ressourcenverbrauch sowie die Verkehrsleistung müssen vom Wirtschaftswachstum entkoppelt werden. Zugleich ist eine Reduktion der Nachfrage nach Energie, Ressourcen und Verkehrsleistungen anzustreben dass der Anstieg der Nachfrage nach Energie, Ressourcen und Verkehrsleistungen kleiner wird und dafür zu sorgen, dass durch Effizienzgewinne abnehmende Verbräuche (absolute Entkopplung) entstehen.

 

  1. c) Eine nachhaltige Land- und Fischereiwirtschaft muss produktiv, wettbewerbsfähig sowie sozial- und umweltverträglich sein; sie muss insbesondere Biodiversität, Böden und Gewässer schützen und erhalten sowie die Anforderungen an eine tiergerechte Nutztierhaltung und den vorsorgenden,

insbesondere gesundheitlichen Verbraucherschutz beachten.

 

  1. d) Die öffentlichen Haushalte sind der Generationengerechtigkeit verpflichtet. Die öffentliche Unterstützung von privatwirtschaftlichen Investitionen in Deutschland und in anderen Ländern muss sich daran messen lassen, ob sie zu nachhaltiger Entwicklung, zur Reduzierung von Armut und zur Überwindung sozialer Ungleichheit beitragen. Diese so geförderten Investitionen dürfen nicht zulasten der öffentlichen Haushalte gehen, insbesondere nicht in den ärmsten Ländern. Die Finanzmärkte sollen die Erfordernisse einer nachhaltigen Entwicklung berücksichtigen.

 

(5.) Sozialen Zusammenhalt in einer offenen Gesellschaft wahren und verbessern

 

Um den sozialen Zusammenhalt zu stärken und niemanden zurückzulassen,

  •  sollen Armut und soziale Ausgrenzung überwunden bzw. soll ihnen soweit wie möglich vorgebeugt werden, soll die soziale Ungleichheit verringert und inklusiver Wohlstand gefördert werden,
  •  sollen regional gleichwertige Lebensverhältnisse angestrebt werden,
  •  soll allen die gleichberechtigte Chance eröffnet werden, sich an der wirtschaftlichen Entwicklung zu beteiligen,
  •  müssen Diskriminierung und Ausgrenzung aufgrund von Heimat und Herkunft, Geschlecht, Sprache, Glauben, religiösen oder politischen Weltanschauungen, Behinderung, sexueller Orientierung oder Identität und aufgrund von Alter oder auch Krankheitsstaus aktiv bekämpft werden,
  •  sollen notwendige Anpassungen an die demografische Entwicklung frühzeitig
  •  in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft erfolgen,
  •  sollen alle am gesellschaftlichen und politischen Leben umfassend und diskriminierungsfrei teilhaben können.
  •  Damit niemand zurückgelassen wird, müssen in Deutschland und insbesondere in den ärmsten und am wenigsten entwickelten Ländern sowie in fragilen Staaten diejenigen Bevölkerungsgruppen, die besonders von Armut betroffen sind (Frauen und Mädchen, Kinder und Jugendliche [Mädchen wie Jungen], LSBTI, Menschen mit Behinderungen, Indigene) zuerst und überproportional von allen ergriffenen Maßnahmen profitieren.

 

 

(6.) Bildung, Wissenschaft und Innovation als Treiber einer nachhaltigen Entwicklung nutzen

 

  1. a) Die notwendigen Qualifikationen und Handlungskompetenzen sind im Sinne einer „Bildung für

nachhaltige Entwicklung“ im gesamten Bildungssystem zu verankern. Die Möglichkeiten zur Teilhabe an qualitativ hochwertiger Bildung und dem Erwerb von Handlungskompetenzen für nachhaltige Entwicklung sind unabhängig von Heimat und Herkunft, Geschlecht, Sprache, Glauben, religiösen oder politischen Weltanschauungen, Behinderung, sexueller Orientierung oder Identität sowie Alter weiter zu verbessern. Der Nationale Aktionsplan BNE ist ein guter Hebel zur Umsetzung des SDG 4.7.

 

  1. b) Wissenschaftliche Erkenntnisse sind als Grundlage bei allen Entscheidungen zu berücksichtigen. Wissenschaft und Forschung haben sich verstärkt an den Zielen und Herausforderungen nachhaltiger Entwicklung auszurichten. Die im Nationalen Aktionsplan BNE formulierten Ziele und Handlungsempfehlungen zum Hochschulbereich sind bei einer zeitnahen Umsetzung geeignet, einen Beitrag zur Umsetzung der DNS zu leisten und somit die wissenschafts- und forschungsbasierten Grundlagen für eine Transformation im Sinne der Sustainable Development Goals (SDG) zu bieten.

 

  1. c) Nachhaltigkeitsaspekte sind bei Innovationsprozessen, insbesondere im Kontext der Digitalisierung, von Beginn an konsequent zu berücksichtigen, damit Chancen für eine nachhaltige Entwicklung im Sinne einer Medienmündigkeit genutzt und Risiken für Mensch und Umwelt vermieden werden können.

 

 

VENRO-Forderungen zum Indikator zur Erfassung des deutschen Beitrags zur Beendigung des Hungers und der Mangelernährung weltweit und zur Verwirklichung des Rechts auf Nahrung

Besonders positiv ist, dass die Bundesregierung sich entschieden hat, einen auch von entwicklungspolitischen Organisationen unterstützten Indikator zur Erfassung des deutschen Beitrags zur Beendigung des Hungers weltweit aufzunehmen und schon im diesjährigen Indikatorenbericht darzustellen. Der neue Indikator erfasst den Anteil der von der Bundesregierung zugesagten Mittel an den Gesamtausgaben für Ernährungssicherung, mit denen die relevanten internationalen Normen und Empfehlungen zur Verwirklichung des Rechts auf Nahrung erreicht werden sollen. Damit der Indikator anwendbar wird, muss er noch konkretisiert werden und es muss ein geeigneter Zielwert definiert werden.

VENRO schlägt vor:

  •  Mit dem Indikator muss erfasst werden können, ob die Gesamtausgaben für das Recht auf Nahrung steigen oder sinken. Der Anteil der von der Bundesregierung zugesagten Mittel an

 

  • den Gesamtausgaben kann nämlich steigen, auch wenn die Gesamtausgaben für Ernährungssicherheit insgesamt sinken.
  •  Die Zivilgesellschaft soll bei den konzeptionellen Diskussionen und insbesondere bei der Baseline-Erhebung und deren Auswertung umfassend beteiligt werden.

 

 

Die Bundesregierung hat außerdem angekündigt zu prüfen, ob ein weiterer Indikator aufgenommen werden soll. Dies begrüßen wir ausdrücklich.

 

VENRO-Forderungen zum Indikator für Bildung für nachhaltige Entwicklung

VENRO begrüßt auch, dass ein neuer Indikator zu Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) in die Nachhaltigkeitsstrategie aufgenommen werden soll. Allerdings ist zu fragen, warum das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) erst ein Jahr nach der Konsultation zum Indikator eine Förderung zu dessen Entwicklung ausgeschrieben hat. Sinnvoll wäre es, wenn der Indikator schon zum Ende der BNE-Periode 2019 funktionsfähig wäre.

 

VENRO fordert die Bundesregierung deshalb auf,

  •  den BNE-Indikator schon vor dem Ende des Weltaktionsprogramms BNE zu etablieren, damit schon Ende 2019 erste Ergebnisse für die Überarbeitung der DNS im Jahr 2020 genutzt werden können.