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Baumobilisierung: Mehr soziales Fingerspitzengefühl, wenn es um Nachverdichtung geht

Hamburg 16. Juli 2021. „Nachverdichtung ist das Mittel der Wahl, wenn es darum geht, schnell und mehr Wohnraum in der Stadt zu entwickeln“, stellt Wicher fest. Dabei sollte die Stadt allerdings sensibel vorgehen: „Gebäudeaufstockungen machen da Sinn, wo die Bebauungspläne bisher bestimmte Geschoßhöhen vorgegeben haben. Dabei sollten zunächst die Stadtteile einbezogen werden, in denen es noch keine hochgeschossige Bebauung gibt. In Stadtteilen wie Steilshoop oder auch rund um die Lenzsiedlung wäre das dagegen kontraproduktiv.“

Große Chancen auf spürbar mehr Wohnraum böten vor allem die vielen unbebauten Grundstücke, verteilt über die ganze Stadt. In Hamburg sind derzeit Wohnbaupotenzialflächen für 81.535 Wohneinheiten erfasst. Davon liegen mit 50.473 Wohneinheiten Grundstücke in privater Hand weit vorn. Das größte Potenzial findet sich im Bezirk Hamburg-Mitte mit 26.078 Wohneinheiten: „Hier liegt ein unglaublich großes Potenzial brach. Wir brauchen diese Flächen, denn die Stadt will und muss grün bleiben, Erholungsflächen und auch Wald in der Stadt bieten – so wie es mit dem NABU vereinbart worden ist. Dabei ist es enorm wichtig, dass zuvorderst in Stadtteilen gebaut wird, in denen es bisher wenig sozialen Wohnungsbau geben hat. Auch beispielsweise in Blankenese, Nienstedten und Volksdorf muss dies möglich sein, ohne das die Alteingesessenen gleich den Aufstand proben“. Diese Forderung hätten vor allem speziell die Grünen in ihrem Wahlprogramm sogar hervorgehoben.

Die Stadt hat inzwischen mehr Schlagkraft, um private Eigentümer zur Bebauung ihrer Grundstücke zu animieren. „Neben dem neuen Baulandgesetz kann Hamburg auch mit der gerade reformierten Grundsteuer Druck auf Eigentümer aufbauen. Sie müssen ab 2025 deutlich höhere Steuern dafür bezahlen, wenn sie baureife Flächen brachliegen lassen. Spekulationen kann so ein Stück entgegengewirkt werden.

Auch die Stadt Tübingen hat ein Wohnungsproblem. Um die rund unbebauten 550 Grundstücke dort zu entwickeln, legt sie nun den Eigentümern die Daumenschrauben an. Wer nicht in den kommenden vier Jahren selbst aktiv wird, muss mit Bußgeldern, einem städtischen Baugebot und letztlich mit dem Zwangsverkauf an die Stadt rechnen: „Das sind drakonische Strafen, aber angesichts der bedrückenden Wohnungsnot, die wir nach wie vor in unserer Stadt haben, sollte auch der Senat darüber nachdenken, noch härter mit privaten Eigentümern oder auch Immobilienfonds ins Gericht zu gehen“.

Laut Mikrozensus der Statistischem Landesämter von 2019 liegt die Wohnfläche pro Person in Hamburg bei schmalen 40 Quadratmetern. Deutlich weniger als im Bundesdurchschnitt, der auf 45,1 Quadratmeter kommt. Für die Miete müssen Hanseat*innen 30,4 Prozent ihres Einkommens einplanen, der Bundesdurchschnitt liegt bei 27,2 Prozent.