Deutsches Habitat Forum : Berliner Empfehlungen für die Städte von morgen

Am 1. und 2. Juni 2016 fand in Berlin das Deutsche Habitat Forum mit knapp 1.000 Teilnehmern aus 74 Ländern statt. Ergebnis der Diskussionen der zahlreichen Akteure sind die „Berliner Empfehlungen für die Städte von morgen“. Diese Empfehlungen sollen in die laufenden Verhandlungen zur New Urban Agenda einfließen, die beim dritten VN-Weltgipfel zu Wohnraum und nachhaltiger Stadtentwicklung (Habitat III) im Oktober 2016 in Quito/Ecuador verabschiedet werden soll.

Unsere Vision ist es, dass Städte

  • angemessene Lebensqualität für alle Menschen sicherstellen
  • zum Wohlstand aller Menschen beitragen,
  • eine Führungsrolle bei der Schaffung einer nachhaltigen Welt mit geringen CO2-Emissionen übernehmen, und
  • die Verbindung zwischen Städten und ländlichen Gebieten stärken und Ernährungssicherheit fördern.

Die New Urban Agenda stellt für die Mitgliedstaaten und Kommunen eine einzigartige Gelegenheit dar, gemeinsam einen handlungsorientierten Plan für die Erreichung der Ziele der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung und des Übereinkommens von Paris zu entwickeln.

Die Umsetzung dieser globalen Abkommen erfordert vielfältige Maßnahmen, die in den Städten und durch Städte umgesetzt werden müssen.

Die New Urban Agenda bietet einen Mehrwert zu diesen Abkommen, da durch sie die notwendigen politischen Maßnahmen auf nationaler und lokaler Ebene in Gang bringt und die erforderlichen Rahmenbedingungen für Städte geschaffen werden. Das Deutsche Habitat Forum hat die folgenden sechs Handlungsschwerpunkte festgelegt:

  1. Städte als Akteure stärken, um die Ziele der Agenda 2030 und des Übereinkommens von Paris zu erreichen,
  2.  Transformative Ansätze für nachhaltige Stadtentwicklung auf den Weg bringen,
  3. Günstige institutionelle, rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen für Städte fördern,
  4. Möglichkeiten für Mitgestaltung schaffen und Umsetzungspartnerschaften
    initiieren,
  5. Im Nachfolgeprozess der New Urban Agenda den Schwerpunkt auf Politikdialog und Lernprozesse legen, und
  6. Den Städten in der globalen Governance-Architektur mehr Mitspracherecht geben.

Unsere Vision

Städte stellen angemessene Lebensqualität für alle Menschen sicher

• Städte sind sozial und räumlich fair und geschlechtergerecht zu gestalten, damit keine Menschen und Räume übergangen werden. Hierfür sind eine ausgewogene Landnutzungsplanung und ausgewogenes Landmanagement erforderlich; zudem müssen Anstrengungen unternommen werden, um Armut zu bekämpfen und allen Menschen den Zugang zu bezahlbarem und menschenwürdigem Wohnraum, Bildung, Beschäftigungsmöglichkeiten, einer gesunden Umwelt sowie grundlegenden öffentlichen Dienstleistungen, beispielsweise in den Bereichen Energie, Verkehr, Wasserversorgung und Abwasserentsorgung, Gesundheitsdienstleistungen und Abfallbeseitigung, zu ermöglichen. Dies beinhaltet auch die Achtung der geltenden Menschenrechtsstandards, wie sie im Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und im Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte verankert sind, was auch einen angemessenen Lebensstandard umfasst, einschließlich des Rechts auf Wohnraum. Städte sollten jeder Form der sozialen und räumlichen Segregation, Ausgrenzung und Diskriminierung entgegenwirken, insbesondere, jedoch nicht ausschließlich, in informellen Siedlungen und einkommensschwachen Stadtvierteln.

• Städte sollten den Menschen in den Mittelpunkt stellen und inklusiv sein, Geschlechter-gerechtigkeit fördern und herstellen sowie kulturelle Vielfalt ermöglichen, auch in Bezug auf unterschiedliche Glaubensrichtungen und Sprachen. Sie sollten außerdem für alle Menschen sicher und lebenswert sein und die Einbeziehung aller Bürgerinnen und Bürger, unabhängig von ihrem rechtlichen und wirtschaftlichen Status, in das Stadtleben fördern. Um dies zu erreichen, bedarf es gestärkter, inklusiver und rechenschaftspflichtiger lokaler Behörden, die alle relevanten Akteure in Planungs- und Entscheidungsprozesse einbinden. Den Menschen sollte die Möglichkeit gegeben werden – beispielsweise durch Startfinanzierungen und die Beseitigung rechtlicher Hürden – selbst aktiv zu werden und Veränderungen voranzutreiben.

• Städte sollten ein Zugehörigkeitsgefühl („Heimat“) sowie kulturelle Vielfalt fördern, da dies Kreativität freisetzt und identitätsstiftend wirkt. Städte sollten materielle und immaterielle Kulturgüter schützen, einschließlich der Kulturgüter des informellen und traditionellen Bereichs. Der öffentliche Raum spielt eine zentrale Rolle, um den Ausdruck kultureller Eigenart zu ermöglichen und Nischen für unterschiedliche Nutzergruppen zu schaffen. Die New Urban Agenda muss eine ortsbasierte Stadtentwicklung in den Fokus stellen, die bei den in den Städten lebenden Menschen und Gemeinden verwurzelt ist und von diesen gestaltet wird.

• Städte sehen sich der Herausforderung gegenüber, eine zunehmende Anzahl von Migranten, Binnenvertriebenen und Flüchtlingen aufzunehmen. Diese verdienen es, angemessen empfangen zu werden und ein menschenwürdiges Leben in den Aufnahme-gemeinden führen zu können, was auch Zukunftsperspektiven über die alltäglichen Bedürfnisse hinaus sowie Rechte für Einwohner der Stadt beinhaltet. Dies erfordert, dass die Aufnahmegemeinden einen kontinuierlichen Dialog mit Neuankömmlingen führen und auf diese zugehen. Zudem erfordert es modulare und flexible Ansätze, beispielsweise in Bezug auf Flächennutzungspläne und Szenarioplanung.

• Innovationsträger und Pioniere vor Ort arbeiten gemeinsam daran, die bei allen städtischen Themen – von Klimawandel bis Stadtplanung, von Sicherheit bis Stadtmanagement und -verwaltung – vorherrschenden Geschlechterunterschiede zu beseitigen und entwickeln Strategien und gute Praktiken, auf denen aufgebaut werden kann. Frauen müssen noch weiter als Akteure gestärkt werden, die eine nachhaltige Stadtentwicklung vorantreiben können, indem ihre Beteiligung an Politik, Planung und Haushaltsprozessen gefördert wird; zudem sind die Rechenschaftspflicht der Behörden gegenüber Frauen und die Verfügbarkeit von Kenntnissen und wesentlichen Informationen, die für die Erfüllung der Bedürfnisse von Frauen entscheidend sind, zu stärken. Die New Urban Agenda hat das Potenzial, neue ehrgeizige globale Standards für Frauen und Mädchen – in all ihrer Vielfalt – zu setzen und ihre aktive Beteiligung in allen Phasen der Stadtentwicklung und in allen Governance-Prozessen zu fördern.

Städte tragen zum Wohlstand aller bei

• Gut geführte Städte sind Motoren für wirtschaftliches Wachstum und wirtschaftliche Entwicklung. Städte sollten sicherstellen, dass wirtschaftliches Wachstum sowohl sozial als auch ökologisch nachhaltig ist und allen Menschen zugutekommt und dass dieses Wachstum nachhaltigen Konsum und nachhaltige Produktion, Kreislaufwirtschaft, Shared-Economy-Modelle und Ressourceneffizienz fördert. Dies setzt angemessene Arbeitsbedingungen und nachhaltige Lieferketten sowie adäquate Finanzdienstleistungen vor Ort voraus. Darüber hinaus bietet der informelle Sektor in vielen Städten unverzichtbare Einkommensquellen für Stadtbewohner. Daher sind stadtpolitische Konzepte und Maßnahmen erforderlich, die bessere Bedingungen sowohl für den formellen als auch für den informellen Sektor schaffen, um für Einkommenssicherheit und soziale Sicherheit zu sorgen.

• Technologie und Innovation sollten zu wesentlichen Motoren der städtischen Transformation in Bereichen wie Energie, Wasserversorgung und Abwasserentsorgung, Verkehr und Bauwesen werden. Innovationen in diesen Bereichen schließen Informations- und Kommunikationstechnologien sowie den Einsatz erneuerbarer Energien ein, gehen jedoch auch darüber hinaus. Städte sollten mit Wissenschaft, Wirtschaft und Bürgerinnen und Bürgern zusammenarbeiten, um technologische und soziale Innovationen und Verhaltensänderungen zu fördern und zu nutzen. Sie sollten außerdem umweltfreundliche Technologien durch umweltbewusste öffentliche Beschaffung und verbesserte Konditionen insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen fördern. Das Konzept der “Smart City” ist kein Selbstzweck, sondern ein Instrument für nachhaltige und inklusive Stadtentwicklung. Digitale Lösungen sollten somit dem öffentlichen Interesse dienen. Städte übernehmen eine Führungsrolle bei der Schaffung einer nachhaltigen Welt mit geringen CO 2 -Emissionen

• Der Klimawandel ist eine besonders drängende Bedrohung für Städte in Industrie- und Entwicklungsländern, insbesondere in anfälligen und risikogefährdeten informellen und einkommensschwachen Siedlungen und in Küstengebieten. Die Entwicklung kohlenstoff-armer und widerstandsfähiger Städte, einschließlich eines vorausschauenden
Katastrophenrisikomanagements, ist wesentlich für nachhaltige Entwicklung. Sowohl die Anpassung an Klimaveränderungen als auch die Abschwächung des Klimawandels müssen in Planungsprozesse und politische Maßnahmen aufgenommen und durchgängig verankert werden. Dies umfasst insbesondere die Bereiche Verkehr und Mobilität, Wasser, Abfall, Energie, Bau- und Wohnungswesen, Industrie und Landnutzungspraktiken.

• Die Erhaltung, Stärkung und Wiederherstellung von städtischen Ökosystemen, Gewässern und Grünräumen/Grünflächen in und in der Umgebung von Städten, die als natürliche Kohlenstoffsenken dienen und zur Verringerung von Treibhausgasemissionen beitragen, ist von zentraler Bedeutung.

• Würde der in den kommenden Jahrzehnten entstehende Wohnraum- und Infrastruktur-bedarf mit heutigen Baumaterialien und -technologien gedeckt, würde dies die
ökologischen Belastungsgrenzen der Erde überschreiten. Es bedarf eines grundlegenden Wandels in der Architektur, im Bauwesen sowie in der Entwicklung und (Wieder-) Verwendung von Baumaterialien. Insbesondere müssen Energie- und Ressourceneffizienz gesteigert und kohlenstoffintensive Baumaterialien ersetzt werden.

• Städte und nationale Regierungen sollten Politiken für nachhaltige städtische Mobilität entwickeln, mit denen ein allgemeiner, geschlechtergerechter Zugang zu sicheren, sauberen und bezahlbaren Verkehrsmitteln für alle Menschen sichergestellt wird. Die Umgestaltung und Dekarbonisierung städtischer Verkehrssysteme wird durch einen optimierten Mix der Verkehrsträger in städtischen Mobilitätsnetzen und durch kompakte städtische Strukturen mit Mischnutzung geschaffen, die Ökomobilität, wie beispielsweise die Fortbewegung mit dem Rad oder zu Fuß, die gemeinsame Nutzung von Fahrzeugen („Shared Mobility“) und Elektromobilität sowie die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel, begünstigen. Ökomobilität ist von wesentlicher Bedeutung für die Lebensqualität, die Minderung von Treibhausgasemissionen, die Herstellung sozialer Gerechtigkeit, die Verbesserung der Luftqualität und der öffentlichen Gesundheit sowie für die Stärkung der lokalen Wirtschaft. Städte stärken die Verbindungen zwischen ländlichen und städtischen Gebieten und tragen zur Ernährungssicherung bei

• Städte sind mit komplexen Herausforderungen konfrontiert und zunehmend eng mit Stadtrand- und ländlichen Gebieten verbunden. Daher bedarf es eines integrierten Ansatzes für urbane und territoriale Entwicklung, der die Vielzahl an wechselseitigen Strömen zwischen ländlichen und städtischen Gebieten widerspiegelt und eine sektorübergreifende Koordination und Kooperation zwischen Städten und innerhalb von bzw. zwischen Gebieten fördert. Dies bedeutet, dass Entwicklung sowohl in Städten als auch im ländlichen (Um)Land gefördert werden muss.
• Die Stärkung der Verbindungen zwischen Land und Stadt ist von zentraler Bedeutung, um Ernährungssicherheit, ländliche Entwicklung und eine gerechte Ressourcenverteilung zu fördern. Ernährung und Landwirtschaft, insbesondere kleinbäuerliche Landwirtschaft, müssen als wesentliche Elemente in integrierte Raumentwicklungsstrategien einfließen. Landspekulationsprozesse sollten reguliert werden, um negative Auswirkungen auf landwirtschaftliche Produktion, Ökosysteme und Erholungsgebiete zu vermeiden. Effiziente und verlässliche Liefer- und Wertschöpfungsketten müssen gestärkt und Verluste und Verschwendung von Nahrungsmitteln minimiert werden.


Die sechs Handlungsschwerpunkte

1. Städte als Akteure stärken, um die Ziele der Agenda 2030 und des Übereinkommens von Paris zu erreichen

• Die Frage, ob die Transformation der Welt hin zu mehr Nachhaltigkeit gelingt, wird in den Städten entschieden. Die New Urban Agenda sollte die dreifache Funktion der Städte in der Förderung der nachhaltigen Entwicklung anerkennen. Städte sind Räume, in denen viele unterschiedliche Akteure gemeinsam die Städte der Zukunft gestalten, schaffen und aushandeln. Städte sind Orte, an denen Maßnahmen und Handlungen für – oder gegen -– nachhaltige und inklusive Entwicklung konkret werden und Gestalt annehmen. Städte sind Akteure, die in Bezug auf lokale, nationale und globale Governance, nachhaltige Entwicklung und globale Partnerschaften eine zentrale Rolle spielen.
• Städte sind nicht nur lokale, sondern auch globale Akteure. Sie sind von grundlegender Bedeutung für nachhaltige Entwicklung sowie für den Schutz globaler öffentlicher Güter wie beispielsweise der Ökosysteme, des Klimas, des wirtschaftlichen Wohlstands, der sozialen Integration, der Demokratisierung sowie politischer Stabilität. Dieses Verständnis der Rolle der Städte verlangt nach einer Neugestaltung der politischen Antworten und nach wirklich transformativen Maßnahmen, die die Art und Weise, wie wir Städte nutzen, bauen und verwalten bzw. steuern, grundlegend verändern.

2. Transformative Ansätze für nachhaltige Stadtentwicklung auf den Weg bringen

• Die Entscheidungen, die heute von Städten getroffen werden, begründen Pfadabhängigkeiten, die noch über Jahrzehnte nachwirken werden. Für nachhaltige Stadtentwicklung sind also transformative Maßnahmen erforderlich, die grundlegende Veränderungen von Strukturen, Organisationen und Verhaltensweisen befördern. Die New Urban Agenda muss daher lokale und nationale Regierungen motivieren, sich in einen Beratungsprozess einzubringen, der zu ehrgeizigen, lokal angemessenen, kohärenten und langfristigen Politiken und Maßnahmen führt. Zudem muss die New Urban Agenda Initiativen fördern, die von der Bevölkerung ausgehen, und das Innovationspotenzial der
Zivilgesellschaft nutzen.

• Priorität müssen Politikoptionen und Programmansätze mit der stärksten Hebelwirkung auf lokale, nationale und globale Stadtsysteme haben. Solche transformativen Maßnahmen sollten
• keinen Menschen und keinen Raum zurücklassen,
• für sozialen Zusammenhalt sorgen,
• kohlenstoffarm sein und Resilienz stärken,
• den informellen Sektor einbeziehen und zur Mitgestaltung anregen,
• ausgewogenes Wirtschaftswachstum fördern,
• nachhaltige Produktion und nachhaltigen Konsum begünstigen, und
• ein gesundes Umfeld und gesunde Lebensweisen unterstützen.
• Transformatives Stadtmanagement braucht eine auf Tatsachen gründende Politik.

Die Kapazitäten der Kommunen in Bezug auf die Erhebung, Analyse, Auswertung und Verwendung lokaler Daten müssen daher gestärkt und in Politikansätze im Sinne von Open Data (freie Nutz- und Verfügbarkeit von Daten) und Open Government (Öffnung von Regierung und Verwaltung gegenüber der Bevölkerung und der Wirtschaft durch Nutzung moderner Technologien) eingebunden werden. Eine solche evidenzbasierte Politik sollte auf der Zusammenarbeit zwischen lokalen Behörden und Praktikern und Forschern, die sich mit dem Thema Stadt befassen, aufbauen. Wir müssen den Schritt von Beteiligung hin zu gemeinsamer Gestaltung gehen.

3. Günstige institutionelle, rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen für Städte fördern

• Die Vielfalt und Eigenart politischer Systeme in den einzelnen Ländern erfordert institutionelle Rahmenbedingungen für Städte, die an den jeweiligen lokalen Kontext angepasst sind. Aufbauend auf dem Subsidiaritätsprinzip sollten diese Rahmenbedingungen effektive Mechanismen fördern, durch die Verantwortlichkeiten auf diejenige Ebene übertragen werden, die den Bürgern am nächsten ist, und lokale Akteure stärken. Gleichzeitig sind die lokalen Akteure gefordert, Verantwortung zu übernehmen und sich für das lokale, nationale und globale Gemeinwohl einzusetzen.

• Für die Umsetzung der New Urban Agenda sind ausreichende Kapazitäten auf allen Regierungsebenen, insbesondere auf kommunaler Ebene, erforderlich. Die New Urban Agenda sollte daher vor Ort entwickelte Programme des Kapazitätsaufbaus fördern, mit Unterstützung internationaler „Peer Learning“-Netzwerke und Entwicklungsorganisationen, wo dies sinnvoll ist.

• Städte benötigen verlässliche Einnahmen aus verschiedenen Quellen sowie angemessene Kapazitäten für Finanzmanagement, um Mittel aus öffentlichen und privaten Quellen (einschließlich Schuldenfinanzierung) effektiv, effizient, nachhaltig und in entwicklungs- und bürgerorientierter Weise zu nutzen. Angemessene und verlässliche Einnahmen müssen durch die Mobilisierung von Ressourcen im Land sowie steuerliche Dezentralisierung erzielt werden, unter anderem durch Geldtransfers der nationalen Ebene, die den Funktionen und Aufgaben von Städten und Kommunen Rechnung tragen. Der direkte Zugang zu globalen Finanzierungsmechanismen muss verbessert werden. Durch die New Urban Agenda sollten zudem multilaterale und nationale Entwicklungsbanken angeregt werden, schlagkräftige städtische Investitionsprogramme auf den Weg zu bringen.

• Da die Stadtgrenzen zunehmend verschwimmen, müssen Governance-Strukturen und Stadtentwicklungsstrategien das funktionale Stadtgebiet widerspiegeln. Die New Urban Agenda muss Städte als komplexe Akteure anerkennen, nicht nur als Kommunen oder klar abgegrenzte Stadtgebiete.

4. Möglichkeiten für Mitgestaltung schaffen und Umsetzungspartnerschaften initiieren

• Multi-Stakeholder-Partnerschaften sind wesentliche Motoren der Transformation in Städten und sind notwendig, um alle Elemente der New Urban Agenda umzusetzen. Durch solche Partnerschaften können Erfahrungen, Technologien und finanzielle Ressourcen vieler unterschiedlicher Akteure für nachhaltige Stadtentwicklung genutzt werden. Ein neuer Partnerschaftsansatz ist Voraussetzung, um innovative, radikale und ungewöhnliche städtische Lösungen sondieren und entwickeln zu können.

• Die New Urban Agenda sollte zur freiwilligen Selbstverpflichtung anregen, um die Umsetzung zu unterstützen, und Kriterien für die Sicherstellung von Transparenz und Rechenschaftspflicht benennen. Interessierte Akteure sollten eingeladen werden, „globale Partnerschaftsinitiativen für Städte“ zu gestalten und auf den Weg zu bringen. Solche globalen Partnerschaftsinitiativen für Städte sollten Themen aufgreifen, die für die erfolgreiche Umsetzung der New Urban Agenda von wesentlicher Bedeutung sind, wie beispielsweise nationale Stadtentwicklungspolitiken, städtische Finanzierung, integriertes Stadtmanagement und Kapazitätsentwicklung.

• Nachhaltige Stadtentwicklung erfordert während aller Phasen des Planungs- und Entscheidungsfindungsprozesses einen Mehrebenenansatz, der auf Beteiligung basiert und gemeinschaftlich gestaltet wird. Wir brauchen ein neues Verständnis von Stakeholder-Einbeziehung, das alle Stadtbewohner, sowohl formelle als auch informelle, als an der Planung und Gestaltung der Stadt beteiligte Akteure anerkennt. Die New Urban Agenda sollte Richtlinien festlegen, um ein aktives Bürgerengagement, partizipative Planung und Entscheidungsfindung sowie ein an den Bedürfnissen der Menschen ausgerichtetes und von Rechenschaftspflicht getragenes Stadtmanagement als zentrales Element von Good Governance zu fördern, zu stärken und zu institutionalisieren.

5. Im Nachfolgeprozess zur New Urban Agenda den Schwerpunkt auf Politikdialog und Lernprozesse legen

• Ein wirksamer Nachfolge- und Überprüfungsprozess zur New Urban Agenda ist von grundlegender Bedeutung, um das Engagement und die Einbindung der Akteure auch langfristig aufrechtzuerhalten und gegebenenfalls Korrekturen vorzunehmen. Der Nachfolge- und Überprüfungsprozess dient drei Zielen. Das erste Ziel besteht darin, die Umsetzung der städtischen Dimension der Nachhaltigen Entwicklungsziele (Sustainable Development Goals – SDGs) auf Grundlage der bestehenden SDG-Indikatoren zu überwachen. Das zweite Ziel ist die Bewertung der Fortschritte auf dem Weg zu transformativem Wandel anhand qualitativer und quantitativer Informationen aus unterschiedlichen Quellen. Die qualitativen Informationen sollten die Stimmen der Stadtbewohner sowie die von ihnen gewonnenen Informationen aufnehmen. Als drittes Ziel soll eine Bewertung erfolgen, inwieweit eine Verbesserung in Bezug auf günstige Rahmenbedingungen für Städte erzielt wurde. Hierbei sind auch die Bewertungen und Rückmeldungen der Kommunen zu berücksichtigen.

• Der Nachfolge- und Überprüfungsprozess sollte Möglichkeiten für inklusive Dialoge schaffen, die zum einem schnellen Lernen seitens der Entscheidungsträger und Praktiker in den Städten beitragen Im Rahmen des Prozesses sollte, sofern vorhanden, auf bestehenden Plattformen und Foren aufgebaut werden, und es sollten, wenn erforderlich, neue Plattformen und Foren ins Leben gerufen werden.

6. Den Städten in der globalen Governance-Architektur mehr Mitspracherecht geben

• Das transformative Potenzial der Städte für den Schutz globaler öffentlicher Güter sollte durch eine intensivere Einbindung von Kommunen und städtischen Akteuren in die globale Governance-Architektur genutzt werden. Kommunen und städtische Akteure sollten eine konkrete Rolle in der Gestaltung, Umsetzung und Nachverfolgung der internationalen Politiken zu nachhaltiger Stadtentwicklung übernehmen.

• Habitat III wird der Ausgangspunkt für konstruktive Diskussionen zur institutionellen Architektur für globales Stadtmanagement sein, um die Umsetzung der New Urban Agenda zu unterstützen. Ein verstärktes Engagement der Vereinten Nationen und bessere Koordination zwischen den einzelnen VN-Organisationen wird zudem von zentraler Bedeutung sein, um die koordinierte und konsequente Umsetzung der New Urban Agenda voranzutreiben. Dies ist eine längerfristige Diskussion, im Rahmen derer auch die zukünftige Rolle von VN-Habitat beleuchtet werden muss.

Link zum Dokument: http://www.german-habitat-forum.de/assets/berliner-empfehlungen_de.pdf