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Die Stadt als Ideenwerkstatt: Wie lokales Wissen soziale Innovationen für Hamburg und die SDGs vorantreibt – Impulse aus Quito Veranstaltungsbericht: Global denken, lokal wandeln: Die HSC als Impulsgeberin für Hamburg? Universität Hamburg verabschiedet umfassende Nachhaltigkeitsstrategie 2030 Hamburg im Zeichen der Nachhaltigkeit: Ein Blick hinter die Kulissen der Hamburg Sustainability Conference

Hamburg hat sich der Agenda 2030 der Vereinten Nationen und ihren 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung (SDGs) verschrieben, um eine lebenswerte Zukunft für alle zu gestalten. Die Umsetzung dieser globalen Ziele im städtischen Raum erfordert jedoch mehr als nur traditionelle Planung; sie verlangt tiefgreifende Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft.

Ein Schlüssel zu dieser Transformation liegt in der Sozialen Innovation. Sie wird als ein Kernthema für die Entwicklung von Metropolen und für die Stadtentwicklung im Allgemeinen betrachtet. Es handelt sich dabei stets um einen vielschichtigen Prozess, insbesondere wenn anspruchsvolle Ziele verfolgt werden.

Soziale Innovation bedeutet nicht zwangsläufig den Einsatz von Spitzentechnologie oder externe Impulse. Vielmehr kann sie aus der Zusammensetzung verschiedener bestehender Kenntnisse, Methoden und Konzepte in einer neuen Form entstehen. Dies erfordert oft einen multidisziplinären Ansatz.

Von grundlegender Bedeutung für die Soziale Innovation ist der lokale Aspekt. Dies betrifft das lokal vorhandene Wissen, die Institutionen vor Ort sowie die räumlichen Rahmenbedingungen und Nutzungsprozesse. Neues Wissen gewinnt erst durch Diffusion an Wert.

Lokales urbanes Wissen wird explizit als ein Kernelement für soziale Innovationen in Metropolen hervorgehoben. Dieses Wissen ist in Metropolregionen umfassend vorhanden, auch wenn es oft eher auf spezifische technische Fragen ausgerichtet ist und umfassende Konzepte noch entwickelt werden müssen.

Wichtig ist, dass lokales Wissen nicht nur an Universitäten gebunden ist. Es existiert in anderen Teilen der lokalen Gesellschaft, ein Aspekt, der bisher wenig erforscht ist. Traditionell wird lokales Wissen oft mit marginalen, ländlichen Regionen oder indigener Bevölkerung assoziiert.

Angesichts der Globalisierung und des dynamischen Wandels ist die Erweiterung des Begriffs auf den städtisch-metropolitanen Raum notwendig. Lokales Wissen ist bereits in theoretischen Konzepten wie dem intellektuellen Kapital integriert, das für Verbesserungen in modernen Organisationen als essentiell gilt.

Der Ansatz des intellektuellen Kapitals, der typischerweise in Human-, Struktur- und Beziehungskapital gegliedert wird, erlaubt die Analyse, wie immaterielle Vermögenswerte in einem Raum Wert generieren, was für umfassende soziale Innovationen wesentlich ist. Lokales Wissen manifestiert sich in all diesen Dimensionen.

Die vierte Stufe der Forschung zum intellektuellen Kapital fokussiert die Verbindung von lokalem Wissen als Quelle sozialen Werts, der die Verbesserung wirtschaftlicher, sozialer und ökologischer Bedingungen umfasst. Die interne Dynamik lokalen Wissens, das Zusammenspiel seiner Dimensionen, kann einen positiven Kreislauf für Entwicklung und sozialen Wert schaffen.

Soziale Innovationen weisen typische Elemente eines räumlichen Innovationsprozesses auf. Institutionelle Akteure spielen eine zentrale Rolle als Barrieren oder Katalysatoren für die Diffusion innovativer Konzepte. Oft fehlt es an Akteuren, die den Transfer theoretischen Wissens in die kommunale Praxis fördern können.

Solche Akteure, darunter Lokalregierungen, zivilgesellschaftliche Institutionen und Universitäten, müssen lokal eingebunden sein und Wissen über die Ausgangssituation und Problemlösungsperspektiven besitzen. Angewandte Geographie wird als ein methodischer Rahmen betrachtet, der helfen kann, praktische Fortschritte mit theoretischen Konzepten zu verbinden.

Hier bietet das Fallbeispiel Metropolitandistrikt Quito (MDMQ) wertvolle Einblicke aus Ecuador. Die Lokalregierung von Quito konnte eine komplexe soziale Innovation einführen, die eine sehr weite internationale Diffusion erreichte.

Dies wird durch einen Prozess des Zusammensetzens vorhandenen spezifischen lokalen Wissens in einem neuen Kontext erklärt – eine anspruchsvolle Perspektive sozialer Innovation. Obwohl die Universitäten in Quito nicht maßgeblich am Prozess beteiligt waren, konnte dieser Nachteil durch die effektive Nutzung lokalen Wissens durch die Lokalregierung ausgeglichen werden.

Quito’s Erfahrungen mit Konzepten wie der „Intelligente Stadt“ liefern konkrete Indikatoren für Soziale Innovation und eine neue kommunalpolitische Kultur. Beispiele sind die Förderung des öffentlichen Raumes, die digitale Agenda oder die partizipativen Ansätze.

Es besteht offensichtlich unverbundenes Wissen zwischen theoretischen Arbeiten (wie der deutschen Forschungsagenda „Zukunftsstadt“) und praktischen Erfahrungen (wie in Quito). Diese zu verknüpfen, wird als ein Vorschlag für komplementierendes Wissen zwischen Lateinamerika und Europa gesehen.

Was kann Hamburg von Quito lernen? Erstens die Bedeutung, lokales Wissen als zentrales Qualitätskriterium zu akzeptieren und wertzuschätzen, nicht nur in formalen Institutionen, sondern in der gesamten Stadtgesellschaft.

Zweitens, sich auf das Zusammensetzen und Rekombinieren bestehenden lokalen Wissens in neuen Kontexten zu konzentrieren, anstatt ausschließlich auf den Import externer „Best Practices“. Dies kann zu kostengünstigeren und gesellschaftlich besser akzeptierten Lösungen führen.

Drittens, die Lokalregierung als zentralen Akteur für die Initiierung und Koordination komplexer sozialer Innovationen zu stärken. Dies schließt den Aufbau von Kapazitäten im Humankapital (Führung, Fachexpertise) und Strukturkapital (Organisation, Prozesse) innerhalb der Verwaltung ein.

Viertens, die Diffusion von Innovationen aktiv zu fördern und bestehende Barrieren genauer zu untersuchen. Hamburgs Netzwerke, wie das Nachhaltigkeitsforum Hamburg (NFH) oder der Hamburger Ratschlag, könnten als Katalysatoren wirken.

Fünftens, digitale und technologische Ansätze im Sinne „people-centered smart cities“ zu gestalten, die Inklusion fördern, marginalisierte Gemeinschaften einbeziehen und Daten verantwortungsbewusst nutzen, idealerweise durch Open Data und Open Source.

Die Erfahrungen aus Quito, obwohl in einem anderen sozioökonomischen Kontext, bieten konkrete Anhaltspunkte und Indikatoren, die theoretische Konzepte wie die „Zukunftsstadt“ oder eine „neue kommunalpolitische Kultur“ mit Leben füllen können.

Die Hamburg Sustainability Conference (HSC) bietet als globale Plattform eine ideale Gelegenheit, diesen Austausch zu intensivieren. Die Diskussionen über Investitionen, Innovationen und Transformationsbereiche können durch die konkrete Brille lokaler Erfahrungen aus Städten des Globalen Südens wie Quito bereichert werden.

Abschließend lässt sich sagen, dass die Nutzung und das Zusammensetzen lokalen Wissens ein mächtiger Motor für soziale Innovationen in Metropolen wie Hamburg sein kann. Indem wir die Dynamiken lokalen Wissens verstehen und seine Vielfalt über formale Strukturen hinaus anerkennen, können wir die notwendige Transformation für die Erreichung der SDGs beschleunigen. Die Impulse aus Quito zeigen: Der Weg zu einer nachhaltigen Zukunft führt auch über die kluge Nutzung des reichhaltigen Wissens, das bereits in unserer Stadt vorhanden ist.

Podcast „Auseinandersetzung“

 

Literatur

Gierhake, Klaus, Lokales Wissen Quito: allgemeine Einordnung – Ausdrucksformen – Vorschlag einer Theorie-Entwicklung, Hamburg: Tredition, 2025, https://doi.org/10.22029/jlupub-19714 [abgerufen 08.06.2025]


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