Habitat III-Konferenz beschließt Neue Urbane Agenda

Weltgemeinschaft einigt sich auf Leitplanken für soziale und ökologische Stadtentwicklung

Quito,  20.10.2016 (WBGU) –  Mit der heute in Quito auf der „UN-Konferenz über Wohnraum und nachhaltige urbane Entwicklung (Habitat III)“ verabschiedeten „Neuen Urbanen Agenda“ (New Urban Agenda) konnte sich die internationale Staatengemeinschaft auf einige wichtige Politikziele einigen: die Handlungsfähigkeit von Städten, die inklusive und menschengerechte Siedlungsentwicklung und der Ressourcenschutz sollen vorangebracht werden. Es gelang jedoch in Ecuador nicht, die Urbanisierung zu einem zentralen Thema der Weltpolitik zu machen: Bezeichnenderweise fiel die weltweite Berichterstattung über die Habitat-Konferenz schwach aus, gerade im Vergleich mit Klimakonferenzen oder dem TTIP-Prozess. Auch wurde die große Dringlichkeit des strategischen Umsteuerns nicht berücksichtigt, denn die Staaten haben vereinbart, dass die nächste Zusammenkunft dieser Art erst in 20 Jahren stattfinden soll!

 „Die `New Urban Agenda´ weist substantielle Defizite auf, die es in der Umsetzung zu überwinden gilt. Es fehlt vor allem an einer langfristigen Vision und konkreten Zielvorgaben, an denen sich ein verbindliches Engagement der einzelnen Staaten explizit messen lässt. Außerdem sind wichtige Themen, wie beispielsweise integrative Stadtentwicklung, die Vermeidung nicht-nachhaltiger Pfadabhängigkeiten, die Stärkung polyzentrischer Strukturen oder der Umgang mit Informalität, nicht oder kaum im Text angesprochen“, so Frauke Kraas, Mitglied des WBGU.

 „Globaler Umwelt- und Klimaschutz taucht lediglich erratisch in der Agenda auf, die somit weit hinter vergleichbare internationale Abkommen zurückfällt. Das Dokument macht nicht deutlich, dass es eines Paradigmenwechsels bedarf in der Art, wie Städte gebaut und gestaltet werden, um die planetaren Leitplanken zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen nicht zu durchbrechen“, stellt Hans Joachim Schellnhuber, Vorsitzender des WBGU fest. „Fast scheint es so, als hätte man den historischen Klimavertrag von Paris bewusst ausgeblendet“.

Mit dem nun beschlossenen Umsetzungsplan (Quito Implementation Plan) gelang zwar ein erster Schritt in Richtung Realisierung der Agenda. Jetzt kommt es aber darauf an, dass Vorreiterstädte die Urbanisierungsdynamik mit einem kraftvollen Maßnahmenbündel nachhaltig gestalten. Auch durch internationale Zusammenarbeit kann der globale Urbanisierungsschub in richtige Bahnen gelenkt werden. Die deutsche Initiative für klimaverträgliche und inklusive Mobilitätsinvestitionen ist dafür ein gutes Beispiel.

Die Ziele der Agenda 2030 und des Pariser Klimaschutzabkommens werden nicht erreichbar sein, wenn es nicht gelingt die Städte zu zentralen Akteuren der Nachhaltigkeitspolitik zu machen. Habitat III war leider noch nicht der erhoffte Durchbruch auf diesem Problemfeld“, so Dirk Messner, Vorsitzender des WBGU.

Die Rolle der Zivilgesellschaft

Die Zivilgesellschaft forderte Partizipation in Planungs- und Umsetzungsprozessen und Mitsprache auf Augenhöhe ein und unterstrich die Relevanz, die dies für die nachhaltige Entwicklung in Städten weltweit hat. Denn die Menschen in Städten oder informellen Siedlungen haben eine dezidierte Sicht auf lokale Probleme und sollten als Experten und urbane Designer in Planungen mit einbezogen werden. In der Stärkung ihrer Handlungskapazitäten und der Senkung von Vulnerabilität liegt eine der großen Herausforderung der kommenden Jahre. Entgegen der Erwartungen wurde an der New Urban Agenda nichts mehr verhandelt. Das letzte Dokument vom September 2016 wurde fast unverändert angenommen, kritisierte Annegrt Zimmermann von Brot für die Welt.

Hintergrund: Die Neue Urbane Agenda

Die Neue Urbane Agenda enthält eine breite Palette urbaner Aktionsfelder – von der Schaffung guter Lebensqualität in allen Städten über die Beseitigung urbaner Armut durch Versorgungssicherheit bis zur Umsetzung gleicher Zugangsrechte zu Infrastrukturen für alle Stadtbewohner im Dienste nachhaltiger Stadtentwicklung. Die zentralen Anliegen der deutschen Position wurden während der mehrmonatigen Verhandlungen in der Agenda verankert: Städte als Akteure befähigen, Städte lebenswert gestalten und nachhaltige Stadtentwicklung sicherstellen.