Im Rahmen des Hamburger Ratschlags zur Umsetzung der UN-Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung
Freitag, 18. November 2016, 16.30 Uhr bis 19.00 Uhr, Hamburger Volkshochschule, Schanzenstraße 75-77, 20357 Hamburg
Moderation: Karsten Weitzenegger, SID Hamburg
Impuls: Dr. Jochen Menzel, Zukunftsrat Hamburg
Ziel 11. Städte und Siedlungen inklusiv, sicher, widerstandsfähig und nachhaltig gestalten
Die UN-Agenda 2030 setzt mit den Zielen für nachhaltige Entwicklung neue Maßstäbe für die Stadt-, Regional- und Kommunalpolitik: Städte und Siedlungen sind inklusiv, sicher, widerstandsfähig und nachhaltig zu gestalten (Ziel 11); soziale Ungleichheit abzubauen (Ziel 10); Zugang zu bezahlbarer, verlässlicher, nachhaltiger und zeitgemäßer Energie für alle zu sichern (Ziel 7); eine belastbare Infrastruktur aufzubauen (Ziel 9); inklusive und nachhaltige Industrialisierung zu fördern und Innovationen zu unterstützen (Ziel 9). Nach dem Weltsiedlungsgipfel Habitat III im Oktober 2016 gibt es mit der New Urban Agenda (NUA) einen stadtpolitischen Folgeprozess, der direkt Bezug auf die Umsetzung des Ziel 11 Bezug nimmt. Städte wachsen weltweit. Bis 2030 werden fast zwei Drittel der Menschheit in Städten wohnen. Ob die Transformation der Welt hin zu mehr Nachhaltigkeit gelingt, wird in den Städten entschieden. Städte sind nicht nur lokale, sondern auch globale Akteure und Treiber der Entwicklung. Die Herausforderungen der sozialen Integration, Stabilität, Sicherheit, Gesundheit, Zuwanderung und Teilhabe der Stadtbevölkerung verlangen neue politische Antworten und transformative Maßnahmen, die die Art und Weise, wie wir Städte nutzen, bauen und organisieren, verändern. Dazu brauchen wir einen gesellschaftlichen Such- und Lernprozess.
Der Wissenschaftliche Beirat Globale Umweltveränderungen (WBGU) der Bundesregierung stellte sein Jahresgutachten 2016 unter das Thema „Der Umzug der Menschheit: Die transformative Kraft der Städte“. Er fordert strategische Änderungen in drei Dimensionen: Neben der Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und der demokratischen Teilhabe ist für ihn die Dimension der „Eigenart“ zentral. Sie soll es ermöglichen, dass (a) Menschen in den räumlichen Strukturen Selbstwirksamkeit und urbane Lebensqualität für sich empfinden, dass sich (b) Ortsidentität und soziale Kohäsion entwickeln können und dass (c) soziale sowie ökonomische Kreativitäts- und Innovationspotenziale durch ortsgebundene Interaktionen zwischen Akteuren verschiedener gesellschaftlicher Sphären gestärkt werden.
Stadtentwicklung Hamburg
Hamburg möchte eine grüne, gerechte, wachsende Stadt am Wasser sein. Es hat jedoch Probleme, allen Menschen in der Stadt den Zugang zu angemessenem, sicherem und bezahlbarem Wohnraum zu gewährleisten (Ziel 11.1).
Bis 2030 wird ein Anstieg der Einwohnerzahl auf rund 1,85 Mio. erwartet. 55.000 Haushalte suchen jährlich eine neue Wohnung. Für über 10.000 Dringlichkeitsfälle – einschließlich Obdachlosigkeit – gibt es jährlich nur ca. 3.100 gebundene Wohnungen mit Belegungsrechten. Trotz des „Drittel-Mixes“ beim Wohnungsneubau fehlen immer mehr Sozialwohnungen: Die alten Bindungen laufen aus, für ca. 400.000 §5-Schein-Berechtigte gibt es weniger als 80.000 Sozialwohnungen. Die Mieten der freifinanzierten Wohnungen steigen rasant, trotz Mietpreisbremse und Neubau. Viele günstige Mietwohnungen werden luxussaniert oder in Eigentumswohnungen umgewandelt und für die bisherigen Mieter unbezahlbar. Zusätzlich musste Hamburg 61.600 Flüchtlinge (2015) aufnehmen, 21.000 davon haben einen Unterbringungsanspruch. Viel zu lange müssen sie in Erstaufnahmeeinrichtungen warten, da ausreichend Folgeunterkünfte fehlen. Immerhin kann die Stadt durch den Kompromiss in den Verhandlungen mit den Initiativen diese Bautätigkeit fortsetzen. Damit wurde die Spaltung der Stadt durch einen Volksentscheid abgewendet. Zuwanderung und Flüchtlinge zwingen uns dazu, grundlegend neu über Stadtentwicklung nachzudenken. In welcher Stadt wollen wir leben?
Wohnungsneubau wird kompakter, dichter und höher, weil Grundstücke in Hamburg teuer sind und Bauen auf Naturflächen möglichst vermieden werden soll. Umso wichtiger ist die Qualität der verbleibenden Freiräume. Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr müssen zusammen gedacht werden. Das Senatskonzept „Teilhabe, Interkulturelle Öffnung und Zusammenhalt“ ist ein guter sozialpolitischer Ansatz. Aber es fehlt ein staatlich-zivilgesellschaftlicher Dialogprozess zur Erarbeitung einer umfassenden Nachhaltigkeitsstrategie.
Wichtige Links
- Deutsches Habitat Forum (2016), Berliner Empfehlungen für die Städte von morgen.
- Deutscher Städtetag, 2030-Agenda für Nachhaltige Entwicklung: Nachhaltigkeit auf kommunaler Ebene gestalten, Musterresolution für Städte
- WBGU (2016), Der Umzug der Menschheit: Die transformative Kraft der Städte
- Paulini, Inge: Die große Transformation zur nachhaltigen Stadt der Zukunft, WBGU
- Freie und Hansestadt Hamburg, Perspektiven der Stadtentwicklung – grüne, gerechte, wachsende Stadt am Wasser
- Antrag an den Bundestag: Bundesweiten Aktionsplan für eine gemeinnützige Wohnungswirtschaft auflegen, BTags-Drs.18/7415 vom 28.1.2016
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