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Hamburger Nachhaltigkeits-Bericht: Kaum Konkretes, viel Lobhudelei

Beim heute stattfindenden 13. Hamburger Ratschlag geht es um den Ersten Hamburger Nachhaltigkeitsbericht. Der SoVD Hamburg fordert eine übergeordnete Strategie und entsprechende Lösungsansätze statt Flickschusterei.

Staatsrat Michael Pollmann stellt beim 13. Hamburger Ratschlag zur Umsetzung der UN-Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung den Ersten Hamburger Nachhaltigkeitsbericht vor. Klaus Wicher, Landesvorsitzender des Sozialverband SoVD Hamburg, kommentiert diesen im Rahmen einer Diskussionsrunde aus sozialpolitischer Perspektive. „Kaum Konkretes, viel Lobhudelei“, lautet Wichers Fazit. „Wenn man den Bericht liest, könnte man meinen, dass Hamburg auf bestem Weg ist, die Ziele bis 2030 zu erreichen.“ Dabei basiert der sogenannte Freiwillige Lokale Bericht (Voluntary Local Review) zum Teil auf Zahlen, die wunderbar in dieses Storytelling passen.

Ein Beispiel: Die vorgelegten Zahlen zum Nachhaltigkeitsziel „Keine Armut“ zeigen nicht die real existierende Armut in Hamburg, denn sie beziehen sich lediglich auf diejenigen Menschen, die Sozialleistungen erhalten. „Richtet man den Blick auf die Einkommen, zeigt sich ein komplett anderes, deutlich realistischeres Bild in Bezug auf die Armutsgefährdungsquoten“, erläutert Wicher. „Denn wir sind bei den unteren mittleren Einkommen angekommen, wenn es darum geht, jeden Euro umdrehen zu müssen. Nachhaltigkeitsziele erreichen wir nicht durch Schönrechnerei.“ Gleiches gilt für die Berechnung der Langzeitarbeitslosenquote, die laut Bericht, ins Verhältnis zur Zahl der Erwerbstätigen gesetzt, gesunken ist. „Die Zahl der Erwerbstätigen ist jedoch gestiegen, weshalb es sich hier um einen rein statistischen Effekt handeln kann“, meint Wicher.

Auch die dramatische Entwicklung im Bereich der Armutsgefährdung im Alter – vor allem von Frauen – gibt Anlass zu großer Sorge und verlangt nach nachhaltigen Lösungsansätzen. „Und um in sieben Jahren die Obdachlosigkeit beendet zu haben, brauchen wir mehr als 30 Plätze im Projekt Housing First“, sagt Wicher. „Der Bericht krankt vor allem an einer fehlenden übergeordneten Strategie und entsprechenden Lösungsansätzen statt Flickschusterei. Beides kommt viel zu spät.“ Dabei muss man das Rad nicht neu erfinden. Hamburg könnte – wie Bayern – zusätzlich Familien- und Pflegegeld zahlen. Bayern stellt zum Beispiel 400 Millionen Euro jährlich für das sogenannte Pflegegeld zur Verfügung. In München und umliegenden Landkreisen gibt es zudem einen Zuschuss zur Grundsicherung im Alter.

„Bis 2030 sind es noch 7 Jahre, das ist einen Fingerschnips entfernt“ so Wicher. „Wir müssen ins konkrete Tun kommen – und zwar gemeinsam mit allen Hamburger:innen.“