UNESCO-Welttag der Alphabetisierung am 8. September

Senator Dr. Carsten Brosda eröffnete Veranstaltung in der Zentralbibliothek

Anlässlich des UNESCO-Welttags der Alphabetisierung fand heute in der Zentralbibliothek der Bücherhallen Hamburg eine Lesung mit anschließendem Podiumsgespräch über die Situation so genannter funktionaler Analphabeten statt. In Deutschland leben 7,5 Millionen Menschen mit geringen Lese- und Schreibkompetenzen – das ist jeder Siebte. Eröffnet wurde die Veranstaltung von Dr. Carsten Brosda, Senator für Kultur und Medien der Freien und Hansestadt Hamburg.

Wenn Menschen durchs Raster fallen: Lesen ist die Grundlage für kulturelle Teilhabe

„Lesen und Schreiben ist in unserer komplexen Welt unverzichtbar. Wer diese Kulturtechniken nicht zuverlässig beherrscht, ist auch in unserer Zeit der zunehmenden Digitalisierung von wichtigen Informationen und Kommunikationszusammenhängen ausgeschlossen. Daher ist es so wichtig, dass Institutionen wie die Hamburger Volkshochschule oder die Bücherhallen Angebote zur Alphabetisierung bereitstellen. Sie gehören zu einem Kreis engagierter Akteure, die in einer langjährig bewährten Kooperation mit Fachkompetenz und Kreativität dafür sorgen, dass Lesen und Schreiben als Bereicherung des Lebens und wichtige Voraussetzung der Teilhabe verstanden und genutzt werden“, so Dr. Carsten Brosda, Senator für Kultur und Medien, in seinem Grußwort.

Bei einem Podiumsgespräch diskutierten vier Expertinnen über die Ursachen und Konsequenzen von funktionalem Analphabetismus in unserer Gesellschaft. Das größte Problem sei nach wie vor, dass das Thema mit vielen Vorurteilen behaftet und tabuisiert sei. „Funktionaler Analphabetismus ist kein Problem von Randgruppen oder Menschen mit Migrations- und Fluchthintergrund. 58 Prozent der Betroffenen sprechen Deutsch als Erstsprache, sie arbeiten und versuchen ihren Alltag auch ohne Schrift zu bewältigen“, bestätigt Prof. Dr. Wibke Riekmann, Co-Autorin der Leo.Level-One Studie der Universität Hamburg. Die Studie wurde von der Universität Hamburg 2011 durchgeführt und wird aktuell mit der Leo-Grundbildungsstudie weitergeführt.

So war es auch bei Karin Moering-Ahmad, Botschafterin der Hamburger Selbsthilfegruppe Alpha-Team und der Alphabetisierungskampagne des Bundesbildungsministeriums. Sie litt als Kind unter einer Lese-/Rechtschreibschwäche und lernte erst als Erwachsene das Lesen. Heute las sie aus ihrem zweiten Buch, mit dem sie Betroffenen Mut machen will: „Ich schleppte den Mangel an Bildung lange hinter mir her. Aber ich wollte unbedingt meinen Anteil vom Bildungskuchen. Über die Bücherhallen erfuhr ich von den Kursen zur Grundbildung bei der Volkshochschule, später holte ich meinen Schulabschluss nach.“

„Für viele Menschen ist die Hürde groß, sich Hilfe zu suchen, weil sie im Beruf gut integriert sind und sich schämen. Geschulte Kolleginnen und Kollegen können helfen, Betroffene adäquat anzusprechen“, erläutert Bildungsreferentin Canan Yildirim den Ansatz, den das Projekt MENTO von Arbeit und Leben Hamburg e.V. verfolgt. MENTO sensibilisiert für die Problematik in der Berufswelt und stellt eine Schnittstelle zu den Angeboten der Hamburger Volkshochschule oder dem Alpha-Team dar.

Im Anschluss an die Veranstaltung informierte das Alpha-Team ab 13 Uhr über Angebote und Aktivitäten in Hamburg. Informationsstände über Alphabetisierungsklassen und Grundbildung gab es außerdem von der Hamburger Volkshochschule, von Arbeit und Leben e.V. (Projekt MENTO), der KOM gGmbH, dem Projekt CurVe (Deutsches Institut für Erwachsenenbildung, Kompetenzmodell Finanzielle Grundbildung) und dem UNESCO-Institut für Lebenslanges Lernen. Die Bücherhallen Hamburg präsentierten einen ergänzenden Medienbestand für Grundbildungskurse, auch aus dem Themenbereich Interkulturelles. Die Selbsthilfegruppe des Alpha-Teams trifft sich jeden zweiten Freitag im Monat von 17 bis 19 Uhr in der Zentralbibliothek und ist offen für Interessierte.