Klimaplan und Klimaschutzgesetz: Senat bringt CO2-neutralen Umbau der Stadt weiter voran

Hamburg, 29. August 2023 |Der Senat hat heute die Novellierung des Klimaschutzgesetzes und die zweite Fortschreibung des Klimaplans beschlossen. Darin enthalten ist auch die Festschreibung der neuen Klimaziele Hamburgs: Bis 2030 soll der CO2 Ausstoß im Vergleich zu 1990 um 70 Prozent sinken, bis 2045 soll Hamburg CO2 neutral werden. Mit den neuen gesetzlich verankerten Zielen und Maßnahmen werden entscheidende Weichen gestellt, um den klimafreundlichen Umbau der Stadt und die notwendige Dekarbonisierung in Wirtschaft und Gesellschaft voranzubringen: Durch höhere Klimaschutzziele, durch die Nutzung und den Ausbau von Erneuerbaren Energien sowie durch ambitionierte Vorgaben für Wärmenetze, für öffentliche Gebäude und für eine nachhaltige Mobilität.

Mit diesem Paket legt der Senat nicht nur die zweite Fortschreibung des Klimaplans und die Novellierung des Hamburgischen Klimaschutzgesetzes vor, sondern auch Änderungen zugunsten von Klimaschutzmaßnahmen in der Hamburgischen Bauordnung sowie im Ausführungsgesetz zur Verwaltungsgerichtsordnung. Um diese Maßnahmen zusammenzubinden, wurde das Klimaschutzstärkungsgesetz beschlossen.

 

Die Fortschreibung des Klimaplans enthält eine Vielzahl konkreter Maßnahmen und beschreibt die Verantwortung und die jeweiligen CO2-Minderungsziele in den Sektoren „Verkehr“, „Private Haushalte“, „Gewerbe, Handel, Dienstleistungen“ und „Industrie“. Die Novellierung des Klimaschutzgesetzes gießt die neuen Ziele und Maßnahmen in einen gesetzlichen Rahmen. Wesentliche Neuerungen sind u. a. die Einführung einer Solargründach-Pflicht, einer vorgezogenen Photovoltaik-Pflicht für Bestandsgebäude, einer PV-Pflicht für offene Stellplatzanlagen sowie eine Stärkung des Ausbaus der Infrastruktur für Strom, Wärme, Wasserstoff und öffentliche Ladepunkte für Elektrofahrzeuge.

Jens Kerstan, Senator für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft: „Hamburg hat in den letzten Jahren im Klimaschutz einiges erreicht. Wir setzen auf den schnellen Ausbau der Photovoltaik (PV) auf Dächern und Fassaden, auf emissionsfreien öffentlichen Nahverkehr, steigen bei der Fernwärme voll-ständig aus der Kohle aus, setzen mit unseren öffentlichen Unternehmen konsequent auf die Dekarbonisierung, investieren in den Landstrom im Hafen – der klimafreundliche Umbau der Stadt nimmt weiter zügig an Fahrt auf. Hamburg leistet damit als moderne Metropole und großer Industriestandort in Deutschland einen wichtigen Beitrag zur Einhaltung des Pariser Klimaschutzabkommens und unterstützt die Ziele der Bundesregierung. Ein besonderes Augenmerk legt der Senat dabei auch auf den zügigen Aufbau einer umfangreichen Hamburger Wasserstoffwirtschaft inklusive Import über den Hafen.

Wir haben uns in Hamburg sehr ambitionierte Ziele gesetzt, bis spätestens 2045 und damit fünf Jahre schneller als bislang vorgesehen, wollen wir unsere Stadt CO2 neutral aufstellen. Auch das Etappenziel bis 2030 haben wir verschärft und wollen den CO2-Ausstoß im Vergleich zu 1990 um 70 Prozent sen-ken; damit sind wir noch etwas ehrgeiziger als der Bund. Die Gesetzesvorlage schafft zudem wichtige notwendige Grundlagen, um den Ausbau von Erneuerbaren Energien in Hamburg weiter voranzubringen und unsere Stadt und unseren Planeten für uns und nachfolgende Generationen weiterhin lebenswert zu halten.

Mit dem fortgeschriebenen Klimaplan zeigen wir Wege auf, wie Hamburg diese Ziele konkret erreichen und seiner Verantwortung gerecht werden kann. Dabei ist mir wichtig, dass wir alle – Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Bürger:innen – gemeinsam mit aller Kraft am gleichen Strang ziehen. Klimaschutz gibt es nicht zum Nulltarif, aber wir werden auf eine gerechte und sozial ausgewogene Verteilung der Lasten achten und die Chancen auch für unsere Wirtschaft nutzen. Und dabei ist es auch wichtig, dass die Bundesregierung ambitionierte Rahmenbedingungen setzt.

Mit der vorgelegten Novellierung des Klimaschutzgesetzes setzen wir den rechtlichen Rahmen, sie ist ausgewogen und technologieoffen. Nachdem wir als erstes Bundesland die Solardachpflicht festgeschrieben haben sowie den Kohleausstieg, schreiben wir nun erneut ein Stück Rechtsgeschichte mit der bundesweit erstmaligen Einführung einer kombinierten Solargründachpflicht. Auch werden wir die PV-Pflicht für Bestandsgebäude vorziehen, eine PV-Pflicht für Stellplatzanlagen und eine Erleichterung des Ausbaus der Erneuerbaren Energien sowie der Infrastruktur für Strom, Wasserstoff und öffentliche Ladepunkte für Elektrofahrzeuge einführen. Bei anderen Maßnahmen wie der Anhebung des Anteils Erneuerbarer Energien beim Heizungstausch müssen wir die Vorgaben des Bundes im noch vom Bundestag zu beschließenden Gebäudeenergiegesetz abwarten.“

Neuerungen durch das Klimaschutzstärkungsgesetz

Das Klimaschutzstärkungsgesetz ist eine umfassende Änderung zugleich von mehreren Gesetzen. Wesentlicher Bestandteil ist die Novellierung des Hamburgischen Klimaschutzgesetzes (HmbKliSchG) von 2020. Daneben werden weitere Änderungen unter anderem der Hamburgischen Bauordnung (HBauO) und des Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung (AGVwGO) vorgenommen. Die Beratung und finale Verabschiedung des Gesetzentwurfes durch die Bürgerschaft kann jetzt erfolgen. Das Inkrafttreten des Gesetzes ist für den 1. Januar 2024 geplant.

 

Wichtige Neuerungen:

  • Vorrang für den Ausbau der erneuerbaren Energien: Mit der Novellierung des Hamburgischen Klimaschutzgesetzes wird ein gesetzlicher Abwägungsvorrang für den Ausbau der erneuerbaren Energien eingeführt, insbesondere für den Ausbau der Netzinfrastruktur für Strom, Wärme und Elektromobilität sowie für den Ausbau der Wasserstoffnetzinfrastruktur. Dadurch sollen Infrastrukturprojekte in diesen Bereichen erleichtert und beschleunigt werden.
  • Vorgezogene PV-Pflicht bei Bestandsgebäuden: Der Ausbau von Photovoltaik-Anlagen auf Dachflächen soll durch die Vorgabe einer Mindestbelegungsfläche gestärkt und wirtschaftlich sinnvoll gestaltet werden. Auch auf Dächern von Bestandsgebäuden sollen Photovoltaik-Anlagen früher, bereits ab 2024 verpflichtend werden, wenn ein wesentlicher Umbau des Daches ansteht. Reparaturmaßnahmen von sturm- oder unwetterbedingten Elementarschäden sollen die Pflicht je-doch nicht auslösen.
  • Einführung einer kombinierten Solargründachpflicht: Ab 2027 werden Neubauten und Bestandsgebäude im Fall eines wesentlichen Umbaus des Daches zur Errichtung eines Solargründachs verpflichtet. Das Solargründach verbindet effektiv die Erzeugung erneuerbarer Energie mit Aspekten der Hitzevorsorge, Regenwasserbewirtschaftung und Luftreinhaltung. Die Nutzung von Dachflächen sowohl zur Erzeugung erneuerbarer Energien als auch für die Klimaanpassung und Förderung der biologischen Vielfalt ist ein multifunktionaler, schnell umsetzbarer und zeitnah wirksamer Beitrag zum Klimaschutz und zur Klimaanpassung. Um etwaige zusätzliche Errichtungs- und Unterhaltungskosten sowie den Kompetenzbedarf bei der Planung und Ausführung von Solargründächern zu unterstützen, fördert die Freie und Hansestadt Hamburg die kombinierte Errichtung von Solargründächern mit zusätzlichen 3,5 Mio. Euro in der „Hamburger Gründachförderung“ bis Ende 2026, um weitere Anreize für frühzeitiges Tätigwerden zu setzen.
  • PV-Pflicht für Stellplatzanlagen: Für den Fall der Neuerrichtung oder Erweiterung größerer Stellplatzanlagen für Fahrzeuge soll eine Pflicht zur Installation von Photovoltaik-Anlagen oberhalb der Stellplätze eingeführt werden, wenn mehr als 35 Stellplätze neu entstehen. Dadurch können versiegelte Flächen zur Erzeugung erneuerbarer Energie nutzbar gemacht und Potentiale solcher Flächen ausgeschöpft werden. Zugleich wird in Kombination mit Anpflanzungen ein wirksamer Sonnenschutz ermöglicht.
  • Gelockerte Abstandsregelungen: Mit der Änderung der Hamburgischen Bauordnung werden bauordnungsrechtliche Abstandsregelungen für das Errichten von Wärmepumpen und Photovoltaik-Anlagen gelockert, um Flächen möglichst ausschöpfend für die Erzeugung Erneuerbarer Energien nutzen zu können.
  • Beschleunigung der Errichtung von Windenergieanlagen: Mit der Änderung des Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung soll das Widerspruchsverfahren in Verwaltungsverfahren abgeschafft werden, um die Errichtung von Windenergieanlagen an Land zu vereinfachen und zu beschleunigen.

Die zweite Fortschreibung des Klimaplans

Der Klimaplan 2023 baut auf den Vorgängerplänen von 2015 und 2019 auf und legt, wie schon 2019, Reduktionsziele bezogen auf die offizielle Verursacherbilanz des Statistikamtes Nord für einzelne Sektoren fest. Bis 2030 muss der CO2-Ausstoß um insgesamt rund 7,7 Mio. Tonnen reduziert werden. Für die Sektoren bedeutet dies im Einzelnen: Im Sektor Private Haushalte (PHH) ist der Ausstoß bis 2030 um weitere 1,8 Mio. Tonnen CO2 zu senken, im Sektor Gewerbe, Handel und Dienstleistungen (GHD) um 1,9 Mio. Tonnen, in der Industrie um 2,4 Mio. Tonnen und im Verkehr um ca. eine Mio. Tonnen (jeweils ausgehend von 2021). Weitere 600.000 Tonnen CO2-Einsparung sollen bis 2030 als Gemeinschaftsleistung erbracht werden.

Damit Hamburg seine Reduktionsziele erreichen kann, bedarf es aber auch Tempo und weiterer Anstrengungen auf der Bundesebene. Das 80 %-Ausbauziel für erneuerbare Energien ist elementar für das Erreichen der Hamburger Klimaschutzziele. Die größten in Hamburger Zuständigkeit liegenden Stellschrauben sind eine möglichst vollständige Dekarbonisierung der Fernwärme, die energetische Sanierung von Gebäuden und ein hoher Anteil des Umweltverbundes, d. h. ÖPNV, Rad- und Fußverkehr, an der Verkehrsleistung.

Die Koordinierung für den Klimaplan liegt in der Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA). Die Verantwortung für das Erreichen der ambitionierten Klimaziele tragen die zuständigen Behörden für die jeweiligen Sektoren. Alle zwei Jahre wird der Bürgerschaft ein Zwischenstand berichtet und alle vier Jahre der Klimaplan fortgeschrieben.

Viele Maßnahmen für mehr Klimaschutz

Die wichtigsten Kennzahlen des fortgeschriebenen Klimaplans für das Jahr 2030: Hamburg steigert die Sanierungsrate um 50 %, der Umweltverbund soll 80 % der Verkehrswege in Hamburg übernehmen und der Kohleausstieg in der Fernwärme kommt zu 100 %.

Die dahinter liegenden Maßnahmen sind im Vergleich zum Klimaplan 2019 stärker gebündelt, als Portfolio gestrafft und einzelnen Sektoren zugeordnet worden. Im Klimaplan finden sich sowohl neue Maßnahmen als auch Erweiterungen von bestehenden Maßnahmen, die zur ambitionierteren Zielerreichung beitragen. Zu den Maßnahmen bzw. Maßnahmenbündeln, die am meisten CO2 bis 2030 einsparen, gehören weiterhin die Dekarbonisierung der städtischen Fernwärme, die energetische Sanierung von Gebäuden auf Grundlage der Machbarkeitsstudie sowie die Stärkung von Umweltverbund und Elektromobilität. Deutlich konkreter als noch im Klimaplan vor vier Jahren sind die Ansatzpunkte für eine Hamburger Wasserstoffwirtschaft dargestellt. Dazu gehört u. a. der Aufbau von Erzeugungskapazitäten und ein neues Verteilnetz für Wasserstoffanwendungen in der Industrie.

 

Zentral ist auch die im Klimaplan verankerte Wärmeplanung. Mit dem Projekt Wärmeversorgungsplan schafft Hamburg schon jetzt grundlegende Voraussetzungen, um die von der Bundesebene zukünftig vorgeschriebene kommunale Wärmeplanung zügig umzusetzen, beispielsweise Eignungsgebiete für eine leitungsgebundene Wärmeversorgung aufzuzeigen. Dies schafft Klarheit und Planungssicherheit für Hausbesitzer:innen, Unternehmen und Investor:innen. Der damit verbundene Wärmenetzausbau ist eine wesentliche Maßnahme, um Hamburgs Klimaschutzziele im Gebäudebereich zu erreichen.

Hamburg geht bei der Energiewende weiter voran. Mit der geplanten Errichtung Europas größter Flusswasserwärmepumpe für den Energiepark Tiefstack, einer konsequenten Photovoltaik-Pflicht im Neubau und im Bestand, der Nutzung von Industrie- und Gewerbegebieten, insbesondere im Hafen, für Windenergieanlagen setzt Hamburg auch bundesweit beachtete Maßstäbe.

Neben schon laufenden und neuen Sektor-Maßnahmen enthält der fortgeschriebene Klimaplan auch sektorübergreifende Wirkungsfelder. Hier werden die Themen Klimakommunikation und Beteiligung sowie Bildung zusammengefasst. Damit will der Senat möglichst viele Menschen in der Stadt erreichen und bei der klimafreundlichen Umgestaltung der Stadt mitnehmen. Die Stadt versteht sich zudem als Vorbild. Dazu soll das Ziel einer bis 2030 CO2– neutralen Verwaltung weiterverfolgt und der Klimaschutz in den öffentlichen Unternehmen gestärkt werden. Zusammen mit den Bezirken setzt der Senat auf eine klimagerechte Stadtwicklung schon bei den Quartiers- und Fachplanungen.

Flankiert werden die Maßnahmen des Klimaplans durch eine Reihe von Förderprogrammen, etwa für leitungsgebundene Wärme, für erneuerbare Wärme und für mehr Energieeffizienz. Die vielfältigen Hamburger Förderprogramme werden laufend nachjustiert bzw. ergänzt und an die laufenden und noch zu erwartenden Förderprogramme des Bundes angepasst.

 

Finanzierung und Chancen des Klimaschutzes 

Hamburg wird gemeinsam mit privaten und öffentlichen Partnern in den nächsten Jahren hohe Summen in den Klimaschutz und in den Ausbau des klimafreundlichen ÖPNV investieren. Dazu gehören ca. zwei Mrd. Euro private und öffentliche Mittel für die Entwicklung der Wasserstoffwirtschaft, rund 1,5 Mrd. Euro für den Ausbau des ÖPNV und 1,9 Mrd. Euro für den Kohleausstieg sowie den Umbau der Wärmeversorgung. Außerdem sollen bis 2026 die Fördermittel für die Modernisierungsförderung von privaten Wohngebäuden um zusätzliche 210 Mio. Euro aufgestockt werden.

Klimaschutz, Energiewende und grüne Technologie bieten große Chancen für die Wirtschaftsmetropole Hamburg. Die konkrete Wärmewende und die nötige Modernisierung von Gebäuden, Kraftwerken und Industrie kann zum Jobmotor und Innovationstreiber für Hamburg werden.

Die Drucksachen zur Novellierung des Klimaschutzgesetzes und zur Zweiten Fortschreibung des Klimaplans werden im Laufe der LPK unter diesen Links online gestellt:

Klimaschutzgesetz – hamburg.de

Hamburger Klimaplan – hamburg.de